Auf breiten Füßen

Nach zwei Jahren der Rezession kämpft der deutsche Wirtschaftsstandort immer noch mit hohen Energiepreisen, strikten Regulierungen und jeder Menge Bürokratie. Schlüsselindustrien sind in der Krise und mögliche US-Handelszölle könnten deren Situation weiter verschärfen.

Welchen Chart würden Sie für einen Index mit solchen Fundamentaldaten erwarten? Falsch! Der DAX eilt von Allzeithoch zu Allzeithoch. Nächste Frage: woher nimmt er diese Kraft bzw. woher nehmen die Anleger das Vertrauen? Sogar auf die Amtseinführung Donald Trumps reagierte der DAX viel positiver als die amerikanischen Indizes selbst. Um es vorwegzunehmen, es gibt nicht die eine einfache Begründung. Selbst unter den Top-Performern des noch jungen Jahres ist kein Muster zu erkennen. Sie kommen aus verschiedenen Branchen und es sind sowohl Gewinner als auch Verlierer aus dem Vorjahr darunter. Genau das könnte das Geheimnis sein. Die bemerkenswerte DAX-Rally steht aktuell auf ziemlich breiten Füßen.

Primär sieht sich Holger Degener für sein wikifolio Dividende und Eigenkapital Deutschland am heimischen Aktienmarkt um. Allerdings riskiert er auch einen Blick auf ausländische Aktien oder auf Fonds und ETFs. Bei der Unternehmensbewertung vertraut er auf gängige Fundamentalzahlen. Eine hohe Eigenkapitalquote und eine hohe Dividendenrendite sind dabei seine Vorfilter. Zeigt die Marktkapitalisierung im Vergleich zu bereinigtem Buchwert und Cashflow zudem eine gewisse Unterbewertung, kommt der potenzielle Kaufkandidat auf die Watchlist. Bevor Degener zuschlägt, muss allerdings auch noch das Timing passen. Hierzu stützt er sich auf die Charttechnik. Prinzipiell versucht er saisonale und newsgetriebene Kursschwankungen auszunutzen. So war er am Ende des letzten Jahres noch einmal sehr aktiv und hat sein wikifolio ordentlich getrimmt. Der Charme der Strategie besteht darin, dass er seine Erfolge mit vergleichsweise geringem Risiko erzielt. 97,6 % von Degeners Kapital stecken in nicht weniger als 91 Einzelaktien, darunter sind einige DAX-Blue Chips wie BMW, BASF, Volkswagen und Bayer. Dazu kommt noch ein ETF (2,1 %), der Rest von 0,8 % liegt im Cash. Seit der Auflage im Juni 2012 summiert sich der Wertzuwachs des wikifolios auf inzwischen +271 %. Dies entspricht einer grundsoliden jährlichen Durchschnittsperformance von +10,9 %.

Alexander Strobel ist ein großer Fan von André Kostolany. In der Handelsidee zu seinem wikifolio Deutsche Software teilt er sogar einige Zitate der Börsenlegende: "Börsenerfolg ist eine Kunst und keine Wissenschaft" oder "Die ganze Börse hängt nur davon ab, ob es mehr Aktien gibt als Idioten – oder umgekehrt". Seine Strategie spiegelt sich nach eigener Aussage in einigen dieser Anekdoten. Das wikifolio besteht vor allem aus deutschen Software-Unternehmen, die eine Dividende an ihre Aktionäre ausschütten. Damit sollen Verluste in Bärenmärkten minimiert und Zusatzrenditen erzielt werden. Innerhalb der Software-Branche konzentriert sich Strobel unter anderem auf die Themenbereiche Cloud, Automatisierung, IT-Services, IT-Sicherheit, KI und Datenanalyse. Der Bewertungs- und Kaufprozess besteht ebenfalls aus zwei Schritten. Als erstes führt Strobel eine quantitative Unternehmensanalyse durch. Anschließend zieht er die Charttechnik zu Rate. Außerdem möchte er saisonale und akute Kursschwankungen berücksichtigen. Aktuell verwaltet Strobel 24 Positionen, darunter SAP, IONOS, Nemetschek, Bechtle und adesso. Die restlichen 8,3 % stehen ihm als Cash für Neukäufe zur Verfügung. Mit einer sehr starken durchschnittlichen Jahresperformance von +15,2 % hat er seit dem Start des noch jungen wikifolios im Oktober 2022 einen Gesamtgewinn von +39 % realisiert.

Momentumstrategien sind weit verbreitet und werden von vielen Fondsmanagern bzw. Investoren angewendet. So auch von Doris Beer in ihrem wikifolio Momentumstrategie Deutschland. Sie verweist auf zahlreiche Studien, die empirisch belegen, dass mit solchen Ansätzen in der Vergangenheit überdurchschnittlich hohe Renditen erzielt werden konnten. Ihre Vorgehensweise orientiert sich daran. Die Aktien aus dem deutschen Anlageuniversum werden nach der Sechs-Monats-Performance sortiert. Anschließend wird das zur Verfügung stehende Kapital auf die stärksten Titel aufgeteilt. Nach Ablauf der einjährigen Haltedauer werden die Titel verkauft und der Auswahlprozess beginnt von vorne. Mit dieser Vorgehensweise liegt der Investitionsgrad immer nahe 100 %. Sogar in Zeiträumen, in denen sich der Gesamtmarkt in einer Baisse befindet. Das sind die Phasen, in denen das wikifolio zwischenzeitliche Rückschläge erleiden kann. Dann gilt es, die Nerven zu behalten und auf die langfristige Wirksamkeit des Ansatzes zu vertrauen. Denn sobald der Markt nach oben dreht, ist Beer wieder von Anfang an dabei. In dem überwiegend in Nebenwerten investierten wikifolio befinden sich momentan acht Aktien. Größte Einzelpositionen sind Bilfinger, Hensoldt, IONOS, TRATON und Deutz. Bei einem Wertzuwachs von atemberaubenden +17,4 % im Jahresdurchschnitt, gibt es keine ernsthaften Gegenargumente gegen diese Methodik. Die Gesamtrendite seit Juli 2013 beläuft sich inzwischen auf nicht minder eindrucksvolle +543 %.

Die kommende Berichtswoche startet am Montag mit den ifo-Geschäftsaussichten bzw. dem Geschäftsklimaindex. Am Dienstag veröffentlicht die EZB ihre Bankkredit-Umfrage. In den USA stehen die Auftragseingänge der Unternehmen auf der Tagesordnung. Mit der Fed-Zinssatzentscheidung steht am Mittwoch der nächste mögliche Impulsgeber bereit. Der Donnerstag ist vollgepackt mit wichtigen Berichten: BIP-Zahlen aus Deutschland und den USA sowie das Verbrauchervertrauen und die Arbeitslosenquote u.a. für die Eurozone. Destatis legt am Freitag Zahlen zu den Einzelhandelsumsätzen vor. Interessant werden auch die aktuellen Daten zur deutschen Arbeitslosenquote. In den USA werden zum Wochenschluss noch die Kernausgaben für persönlichen Konsum (PCE Kerndeflator) unter die Lupe genommen.

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