Anleger kaufen Aktien am Hoch aus Angst, etwas zu verpassen oder schlicht, weil es gerade jeder tut (Herdenverhalten). Viele Börsianer halten an Rohrkrepierern im Depot fest, weil das Eingeständnis der eigenen Fehleinschätzung zu sehr schmerzt. Jeder, der schon einmal Geld veranlagt hat, kennt diese oder ähnliche Probleme. Wie kann man als Anleger nun aber Emotionen ein Schnippchen schlagen? Wie wird man ein rationaler Investor?
Ein Regelwerk kontrolliert Angst und Gier
„Um überhaupt erfolgreich an der Börse agieren zu können, ist eine Strategie erforderlich“, weiß wikifolio-Trader Dieter Jaworski ( Javo ). „Ob Dame, Mühle oder Schach – die erfolgreichsten Spieler verfügen immer über eine ausgefeilte Strategie. Beim ‚Spiel der Spiele‘, wie der bekannte Börsenspekulant Jesse Livermore den Aktienhandel einmal bezeichnet hat, gehen die meisten Anleger dagegen nicht zielgerichtet nach einem bestimmten Plan vor, sondern lassen sich vielmehr von ihren Emotionen leiten. Dabei stehen Gefühle wie Angst und Gier nachhaltigen Gewinnen mit Aktien oft im Weg.“
Der Anleger braucht also einen Plan bzw. Regeln, nach denen er eine Investitionsentscheidung fällt und sein Depot zusammenstellt. Thomas Schreyer ( tomtomstocks ) bestätigt: „Die Strategie sollte den Investor zu der klaren Entscheidung führen, ob und wann in einen speziellen Einzeltitel investiert wird. Ein Investment in Einzeltitel ohne Strategie ist hochriskant. Davon würde ich entschieden abraten.“
Viele Strategien führen zum Erfolg
Nun gibt es natürlich nicht nur eine richtige Strategie. Vielmehr hängt sie von den Zielen und Möglichkeiten eines jeden Anlegers selbst ab.
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Schreyer geht es in seinen wikifolios vorrangig um langfristigen Vermögensaufbau. „Mein aus fünf Ebenen bestehender Selektionsprozess sieht unter anderem vor, einen inneren Wert des Unternehmens zu ermitteln. Wenn der aktuelle Börsenpreis unter dem inneren Wert (abzüglich eines Sicherheitsabschlags) des Unternehmens notiert, erachte ich die Aktien grundsätzlich als kaufenswert.“ In seinem wikifolio Investmentideen setzt Schreyer konzentriert auf eine überschaubare Anzahl von Aktien: „Durch Streuung lässt sich ein Vermögen erhalten, doch erschaffen kann man es in meinen Augen nur durch Konzentration.“
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Jaworskis persönliches Depot ist nach eigener Aussage ebenfalls langfristig ausgelegt, Verkäufe sind eher selten. Anders ist das laut dem Trader in seinem wikifolio 2M - Market Momentum , wo er die Gewinner laufen lässt und die Verlierer begrenzt: „Kursschwankungen von 20 bis 30 Prozent kann man im wikifolio nicht aussitzen, sondern muss den Abschwung rechtzeitig begrenzen.“ Jaworski setzt vorrangig auf Aktien, die entweder gerade ein neues 52-Wochen-Hoch erreicht haben oder kurz davorstehen. Gekauft werden die Neuzugänge in kleinen Schritten. Der Trader erklärt: „Läuft die Position in die gewünschte Richtung, kaskadiere ich sie bis zur endgültigen Größe. Sie haben einen Anteil am Gesamtdepot zwischen zwei und fünf Prozent – hängt vom Aktientyp ab.“
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Analyse, Analyse und noch mehr Analyse
Neben einer ausgefeilten Strategie braucht es auch eine entsprechende Analyse, um Emotionen im Zusammenhang mit der Geldanlage im Zaum zu halten. Jaworski warnt: „Risiko entsteht immer dann, wenn man nicht weiß, was man tut.“ Ängste, so der Trader, sind die Folge, vor allem wenn es anders als erwartet läuft. „Meine Erfahrung ist, dass zu schnell Gewinne mitgenommen werden und an den Verlierern festgehalten wird. Wer gesteht sich schon gerne ein, sich bei einer Aktie geirrt zu haben? Mit einer sorgfältigen Aktienauswahl braucht man aber keine Angst zu haben.“
„Für uns gibt es nur drei Investitionsentscheidungen: Ja, Nein und zu kompliziert, um es zu verstehen.”
Arne Briest ( ArBriest ), der sich in seinem wikifolio Healthcare Demography dem demographischen Wandel und grundlegenden Trends im Bereich Medizintechnik oder Pharma widmet, dürfte Jaworski weitestgehend zustimmen. „Die Auswahl von Aktien beginnt mit einer qualitativen und Fundamentalanalyse und komplementär der Analyse von alternativen Daten wie zum Beispiel der Marktdynamik, Forschungs- und Entwicklungsausgaben und Patenten.“ Und, so Briest: „Als Investor suche ich nach einem nachhaltigen Investment und versuche zu jedem Zeitpunkt die initial durchgeführte Analyse zu wiederholen, die emotionsfrei computergestützt erfolgt.“
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Regelmäßige Analyse tritt dann laut Briest an die Stelle der Emotion und kann so zum Beispiel helfen, bekannten Verhaltensmustern beim Investieren (wie zum Beispiel der Verlustaversion) vorzubeugen.
Menschen erleben laut Verhaltensökonomie Verluste deutlich intensiver als vergleichbare Gewinne. Entsprechend werden Situationen, in denen man weder gewinnen noch verlieren kann, als angenehmer empfunden. Risikoscheues Verhalten ist die Konsequenz und die Performance dadurch oftmals schlechter als sie sein müsste.
Podcast von Christian Thiel ( sparstrumpf ) zum Thema Anlegerängste: Hilfe – der Markt steigt!
Schützen Stopp-Loss-Order vor Emotionen?
Stopp-Loss-Order oder auch ein vorher festgelegtes Höchstgewicht je Position im Depot können helfen, Gewinne zu realisieren, Verluste zu begrenzen und so erst gar nicht in die Gier- oder Angst-Falle zu tappen. Beide Instrumente finden zum Beispiel in Florian Bubs wikifolio Marktsentiment Anwendung. Bub ( FlorianBub ) erklärt: „Stopp-Loss helfen mir das Risiko zu steuern und mich vor meinen Emotionen zu schützen. Ein Höchstgewicht per Aktie hilft nicht zu gierig zu werden und konstant zu handeln.“ Für den Trader steht Money Management an erster Stelle. Die Stopp-Kurse dienen als Sicherheitsnetz und werden auf Wochenbasis nachgezogen: „Die Devise lautet einen deutlichen Gewinn nie mehr abzugeben bzw. im schlechtesten Fall nicht tiefer als Break-Even zu verkaufen.“
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Bub hat sich im Rahmen seiner Strategie entschieden, mit Stopp-Loss-Ordern zu arbeiten. Eine allgemeingültige Antwort, ob sie verwendet werden sollten, gibt es aber nicht. Der Großteil der befragten wikifolio-Trader kommt ohne Stopp-Loss-Order aus. Briest begründet: „Ich bin kein Anhänger von Stopp-Loss, da diese bei Krisen zu automatischen Verkaufsentscheidungen und potentiell zu unnötigen Verlusten führen.“ Als aktuelles Beispiel nennt der Trader die Covid-19-Pandemie: „Für kurze Zeit sind Aktien massiv gefallen, haben sich aber großteils aufgrund der ergriffenen Maßnahmen zeitnah erholt.“ Als Anleger hätte man bei einem Verkauf also die folgende Rally womöglich verpasst, denn so Briest: „Es ist in jedem Fall schwer, den richtigen Punkt für den Wiedereinstieg zu finden.“
Fazit: Auch erfahrene Anleger sind nicht vor Emotionen gefeit, versuchen sie aber mit einem Regelwerk, Analysen und Handelsinstrumenten unter Kontrolle zu bringen. Fehl am Platz sind sie beim Investieren jedenfalls immer, ist Jaworski sicher: „Es werden bestimmt viele Aktien gehalten, weil man sich irgendwann in das Unternehmen verliebt hat.“ Lösen auch deine Engagements entsprechende Gefühle bei dir aus?
„Du musst dich zwingen, gegensätzliche Argumente zu erwägen. Besonders, wenn sie deine liebsten Ideen in Frage stellen.“
Disclaimer: Jedes Investment in Wertpapiere und andere Anlageformen ist mit diversen Risiken behaftet. Es wird ausdrücklich auf die Risikofaktoren in den prospektrechtlichen Dokumenten der Lang & Schwarz Aktiengesellschaft (Endgültige Bedingungen, Basisprospekt nebst Nachträgen bzw. den Vereinfachten Prospekten) auf www.wikifolio.com, www.ls-tc.de und www.ls-d.ch hingewiesen. Die Performance der wikifolios sowie der jeweiligen wikifolio-Zertifikate bezieht sich auf eine vergangene Wertentwicklung. Von dieser kann nicht auf die künftige Wertentwicklung geschlossen werden. Der Inhalt dieser Seite stellt keine Anlageberatung und auch keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.