FRANKFURT (dpa-AFX) - Die aktuelle Erholung am deutschen Aktienmarkt steht auf wackeligen Füßen. Auch in der verkürzten Handelswoche Woche nach Ostern ist der Leitindex Dax anfällig für handelspolitisches Störfeuer aus den USA.
Nach den deutlichen Kursverlusten der Vorwochen seien die europäischen Börsen zwar in eine Erholungsphase übergegangen, schrieb Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank. Allerdings sei damit der Spuk an den Märkten noch nicht vorbei: "Es bleibt dabei, dass eine große politische Disruption stattfindet in den USA und im Welthandelssystem." Zölle sind Kater zufolge nur der gegenwärtig sichtbarste Ausdruck der neuen unkooperativen politischen Strategie aus dem Weißen Haus.
Mut macht den Anlegern jedoch, dass die Europäische Zentralbank in dem durch den Zollkonflikt geprägten Umfeld ihre Geldpolitik erneut gelockert hat, auch wenn dies in den Kursen bereits eingepreist sein dürfte. Der Einlagensatz für Banken, der maßgeblich für die Kreditzinsen ist, wurde auf 2,25 Prozent reduziert. Seit Juni 2024 ist dies die siebte Senkung.
Niedrigere Kreditzinsen können den Konsum ankurbeln und Investitionen verbilligen. Dies dürfte die Börsen ebenso stützen wie steigende Attraktivität von Aktien gegenüber Anleihen in einem Umfeld immer weiter sinkender Zinsen.
Die Erwartung weiterer geldpolitischer Lockerungen in der Eurozone dürfte zudem dazu führen, dass die europäischen Börsen sich weiterhin besser entwickelten als der US-Aktienmarkt, schrieb Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Handelshaus Robomarkets. Dafür spreche auch, dass der Chef der US-Notenbank Fed, Jerome Powell, zuletzt wegen der Zollpolitik erneut vor einer steigenden Inflation und einem langsameren Wachstum gewarnt hatte.
Ob, wann und wie sich die Fed deshalb zu weiteren Zinssenkungen entschließt, ist Molnar zufolge völlig offen. Auch ein längeres Stillhalten und Abwarten sei vor diesem Hintergrund nicht ausgeschlossen. In Kombination mit dem schwindenden Vertrauen in die US-Regierung dürften Investoren deshalb ihr Kapital weiter aus den USA nach Europa umschichten.
Bei den in der neuen Woche anstehenden Konjunkturnachrichten rechnet Robert Greil, Chefstratege der Privatbank Merck Finck, angesichts der Verunsicherung durch die US-Zollpolitik gerade bei den Einkaufsmanagerindizes für April mit einer Eintrübung. Die Daten werden am Mittwoch nicht nur für Europa inklusive Deutschland, sondern auch für die USA und Japan veröffentlicht.
Am Donnerstag steht das Ifo-Geschäftsklima für Deutschland auf der Agenda. Die befragten Unternehmen dürften von wesentlich pessimistischeren Erwartungen berichtet haben, schrieb Analyst Simon Azarbayjani von der Landesbank Hessen-Thüringen. Aber auch die Lagebeurteilung könnte bei einigen Unternehmen, die viel in die USA exportieren, schlechter ausfallen, denn die Zölle seien bereits in Kraft getreten.
Laut Analyst Berndt Fernow von der Landesbank Baden-Württemberg dürften die anstehenden Konjunkturindikatoren zeigen, inwieweit sich die Perspektiven eines weltweiten Handelskrieges in den Köpfen der Unternehmens-Entscheider niedergeschlagen haben. Dasselbe gelte für die Ausblicke, die mit Vorlage der Quartalszahlen und auf den Hauptversammlungen gegeben werden. Fernow bleibt skeptisch; seiner Meinung nach hat die Abwärtsbewegung des Dax ihr zyklisches Tief noch nicht durchschritten.
In der laufenden Bilanzsaison berichtet am Dienstag nach US-Börsenschluss das Dax-Schwergewicht SAP (Im Portfolio von Patrick Kranz+312,5 %) über den Verlauf im ersten Quartal. Wegen des Stellenabbaus beim größten europäischen Softwarekonzern wird mit einem deutlichen Ergebnisplus gerechnet. Auch das Abschneiden des US-Elektroautobauers Tesla (Im Portfolio von Astrid Schuch+91,9 %) dürfte die Anleger interessieren. Die Zahlen kommen ebenfalls am Dienstag nach Börsenschluss in New York.
Am Donnerstag legen der Essenlieferdienst Delivery Hero (Im Portfolio von Daniel Issing+149,0 %) sowie der Schienen- und Verkehrstechnikkonzern Vossloh (Im Portfolio von Christian Scheid+206,8 %) ihre Resultate für das abgelaufene Quartal vor. Am Freitag richtet sich der Fokus unter anderem auf Südzucker, den Windturbinenbauer Nordex (Im Portfolio von Wolfgang Schwarz+98,3 %) und den Softwarespezialist Atoss (Im Portfolio von Uwe Jaennert+181,7 %).
Copyright dpa-AFX und APA. Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung der dpa-AFX sowie APA nicht gestattet.
Disclaimer
Alle Meldungen der APA sowie der dpa-AFX werden mit journalistischer Sorgfalt nach den Prinzipien insbesondere von Zuverlässigkeit, Schnelligkeit und publizistischer Unabhängigkeit sowie unabhängig von Einwirkungen politischer und wirtschaftlicher Institutionen erarbeitet. Meldungen zu Anlageempfehlungen / Finanzanalysen von Dritten fassen diese lediglich zusammen bzw. geben sie in Auszügen wieder. Die Meldungen stellen aber weder eine Anlageberatung oder Anlageempfehlung noch ein Angebot oder eine Aufforderung zum Abschluss bestimmter Finanzgeschäfte dar.
Darüber hinaus ersetzen sie nicht eine individuelle anleger- und anlagegerechte Beratung. Daher ist jegliche Haftung für Schäden aller Art (insbesondere Vermögensschäden), die bei Verwendung der Meldungen für die eigene Anlageentscheidung unter Umständen auftreten, ausgeschlossen. Auf den Inhalt der Finanzanalyse/ Anlageempfehlungen selbst haben wikifolio, APA und dpa-AFX keinen Einfluss, verantwortlich dafür ist ausschließlich das jeweils für die Erstellung verantwortliche Unternehmen. Hinweise zu etwaig bestehenden Interessen bzw. Interessenkonflikten hinsichtlich der Finanzinstrumente, auf die sich die Meldungen der APA sowie der dpa-AFX beziehen, werden auf der folgenden Internetseite offengelegt: APA Offenlegungspflicht
Trader Kommentare