FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Einigung von Union und SPD mit den Grünen auf milliardenschwere Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur hat dem Dax einen versöhnlichen Wochenabschluss beschert. Am Freitag ging der deutsche Leitindex 1,86 Prozent höher bei 22.986,82 Punkten aus dem Handel. Zeitweise stieg er sogar zurück über die Marke von 23.000 Zählern. Sein zuvor erhebliches Wochenminus machte er damit fast komplett wett. Der MDax der mittelgroßen Unternehmen legte vor dem Wochenende 2,44 Prozent auf 29.164,60 Punkte zu.
"Die Anlegerstimmung hat sich heute mit einem Schlag gedreht", kommentierte Marktanalyst Jochen Stanzl von CMC Markets. Mit der wiedergewonnenen finanziellen Beweglichkeit könne Deutschland nun notwendige strukturelle Reformen angehen und gleichzeitig auf ein Ende der konjunkturellen Talsohle hoffen. Der amtierende Bundestag soll das Finanzpaket von Union und SPD mit Unterstützung der Grünen am Dienstag beschließen. Eilanträge von AfD und der Linken, mit der die Einberufung des alten Parlaments verhindert werden sollte, wies das Bundesverfassungsgericht zurück.
Auch für die europäischen Börsen ging es aufwärts. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 schloss 1,42 Prozent im Plus bei 5.404,18 Punkten. In Zürich, Paris und London standen ebenfalls Kursgewinne zu Buche. Der New Yorker Leitindex Dow Jones Industrial zog zum europäischen Handelsschluss fast anderthalb Prozent an, während sich auch der von Tech-Titeln dominierte Nasdaq 100 um rund zwei Prozent erholte. Für verhaltenen Optimismus sorgte die Hoffnung, dass sich ein befürchteter Stillstand der Regierungsgeschäfte in den USA noch abwenden lässt.
Hierzulande wollen die Fraktionsspitzen von Union, SPD und Grünen drei Grundgesetzänderungen anstoßen, um die Schuldenbremse für mehr Verteidigungsausgaben zu lockern. Daraufhin stiegen die Aktien von Rheinmetall, Renk und Steyr Motors auf neue Bestmarken. Davon profitierte außerdem Mutares mit einem Kurssprung von fast einem Viertel, die Beteiligungsgesellschaft hält knapp 71 Prozent der Steyr-Anteile.
Neben den Rüstungsausgaben soll ein schuldenfinanziertes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur und Klimaschutz kommen. Der Baustoffkonzern Heidelberg Materials (Im Portfolio von Marco Jansen+48,1 %) zog in Folge der Einigung um 3,8 Prozent an, für Bilfinger und Hochtief ging es ebenfalls deutlich aufwärts.
Als Voraussetzung für eine Zustimmung der Grünen galt insbesondere, mehr Klimaschutz in das Infrastrukturpaket zu packen. Davon dürfte gerade das Thema Windkraft profitieren. Die Aktien von Nordex (Im Portfolio von Christoph Klar+96,4 %) kletterten 3,9 Prozent nach oben auf den höchsten Stand seit drei Jahren. Siemens Energy (Im Portfolio von Arnd-Rüdiger Schwarz+276,9 %) legten 2,3 Prozent zu.
Die Aktien von BMW (Im Portfolio von Thomas Mathis+1.628,1 %) pendelten derweil um ihren Schlusskurs vom Vortag und verabschiedeten sich 0,3 Prozent tiefer aus dem Handel. Der Autobauer geht nach einem Gewinneinbruch mit Vorsicht ins neue Jahr. 2024 belasteten das schwache Geschäft in China und Probleme mit Bremssystemen spürbar. Das vierte Quartal sei schwach ausgefallen, genauso wie der Ausblick auf die Auto-Marge im neuen Geschäftsjahr, schrieb UBS-Analyst Patrick Hummel.
Nach einem Gewinnrückgang im vergangenen Jahr will Daimler Truck (Im Portfolio von Stefan Lüpertz+291,6 %) 2025 wieder mehr Geld im Tagesgeschäft verdienen. JPMorgan-Analyst Jose Asumendi attestierte dem Nutzfahrzeughersteller einen soliden Ausblick. Die Aktien stiegen nach deutlichen Vortagesverlusten 2,3 Prozent. Mögliche Anpassungen an den Emissionsgrenzen für Lkw in den USA und die US-Zollpolitik belasteten weiterhin.
Auch die Aktien von Bayer zählten mit plus 1,7 Prozent zu den Gewinnern im Dax. Wie das "Handelsblatt" berichtet, erzielte Bayer in seinem Bemühen, die Glyphosat-Klagen in den USA einzudämmen, einen Fortschritt. Dabei gehe es um eine Gesetzesänderung im US-Bundesstaat Georgia, die Parlament und Senat abgesegnet hätten. Der Änderung müsse der Gouverneur noch zustimmen.
Die Titel von Bechtle (Im Portfolio von Stefan Uhl+700,2 %) schwankten nach dem Ausblick des IT-Dienstleisters zunächst stark, reagierten mit Kursgewinnen von 4,9 Prozent aber letztlich sehr positiv. Insbesondere das erste Halbjahr dürfte schwach verlaufen, räumte Bechtle-Chef Thomas Olemotz ein. Allerdings könne vor allem das Geschäft mit der öffentlichen Hand dann anziehen, wenn sich eine neue Bundesregierung auf einen Haushalt geeinigt habe.
Die Papiere von Redcare Pharmacy legten 6,3 Prozent auf 134,90 Euro zu. Schub gab eine Kaufempfehlung von Kepler Cheuvreux mit einem Kursziel von 152 Euro. Die Experten der Investmentbank trauen der Online-Apotheke weiteres Wachstum bei steigender Profitabilität und positiven Automatisierungsimpulsen zu.
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