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Der große Inflationscheck – was ist top und was flop?

Die Preise in Deutschland steigen – schon im September 2021 um 4,1 Prozent auf Jahressicht. Am stärksten spürt der Verbraucher die Teuerung bei Öl, Gas und Benzin. Aber auch Nahrungsmittel strapazieren die Geldbörse, allen voran Gemüse und Fleisch. Bleibt das so? Und was können Anleger tun? Tipps für die inflationssichere Geldanlage.

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Quelle: shutterstock.com

Warum steigen die Preise?

Die Corona-Pandemie hat vielerorts zu fallenden Preisen geführt. Rohstoffpreise brachen massiv ein. Vor einem Jahr kostete ein Fass Rohöl etwa 40 Dollar. Aktuell sind es wieder über 80 Dollar, was in normalen Zeiten nicht außergewöhnlich ist. Der Basiseffekt (der extrem niedrige Wert des Vorjahres) ist also für einen Teil der Teuerung verantwortlich. Einen ähnlichen Effekt hatte auch die Senkung der Mehrwertsteuer in Deutschland in der zweiten Jahreshälfte 2020 auf die Preise.

Doch ist das schon alles? David Hauck ( Calvet ) nennt als weiteren Grund für die Inflation die Knappheit bei Vorprodukten wie Halbleitern. Auch bei den steigenden Rohstoffpreisen schaut der wikifolio-Trader genauer hin: „Hier findet meiner Meinung nach eine Neuordnung statt, die man bewerten muss. Zentral ist dabei insbesondere die Rolle Chinas. Einerseits steigen die Löhne und Produktpreise stärker als hierzulande, das heißt Produkte werden für uns teurer. Andererseits verbraucht Chinas wachsende Mittelschicht immer mehr Produkte und Ressourcen. Auch das sollte für steigende Preise sorgen und dazu führen, dass es in Zukunft mehr (teurere) Produkte ‚Made in EU‘ geben wird müssen, um hiesige Unternehmen überhaupt beliefern zu können.“

Was bedeutet die anziehende Teuerung für Aktionäre?

wikifolio-Trader Thomas Zeltner ( trade2win ) bleibt entspannt: „Ich denke nicht, dass man sich als Aktionär große Sorgen wegen anziehender Inflation machen sollte. Wissen kann es zwar niemand, aber ich persönlich gehe aktuell davon aus, dass wir uns in Zukunft bei einer Inflationsrate von zwei bis drei Prozent einpendeln werden. Aus meiner Sicht sollte man Ruhe bewahren und sein Depot aufgrund von Inflationsängsten nicht von heute auf morgen komplett umschichten.“

„Gerade mit Aktien kann man sich gut gegen Inflationsszenarien absichern. Bei Inflation sind Sachwerte oder eine Investition in wikifolios eine gute Alternative. Trotzdem muss jeder Anleger selbst entscheiden mit welcher Investitionsquote er sich wohl fühlt“, ergänzt Hauck. Entsprechend könne je nach individueller Situation und unter Beachtung der sonstigen Risiken eine Erhöhung der Aktienquote im Rahmen einer inflationssicheren Anlage sinnvoll sein. Aber Vorsicht, kurzfristig kann es an den Börsen holprig werden.

Was passiert mit Unternehmensgewinnen bei Inflation?

Christoph Neemann ( MinusSinus ) warnt: „Langfristig schützen Aktien das Vermögen bei Inflation, denn es handelt sich um Sachwerte, die ihren produktiven Wert behalten – egal, wie sich der Wert der Währungen verändert, in denen ihr Wert gemessen wird. Kurz- bis mittelfristig ist es aber oft so, dass Inflation mit Phasen erhöhter Volatilität am Aktienmarkt einhergeht.“

Der Trader erklärt, warum das so ist: „Die Inflation beeinflusst die Planung der Unternehmen hinsichtlich Rohmaterialpreisen und Löhnen, sowie auch ihre Investitionsfreude. Denn in inflationären Zeiten geraten die Firmengewinne oft temporär unter Druck, da Rohmaterialpreise und Lohnsteigerungen oft erst mit leichter Verzögerung an die Kunden weitergegeben werden können.“ Außerdem sei bei steigenden Lebenshaltungskosten oft auch eine Konsumzurückhaltung zu beobachten. Der Trader summiert: „Ich erwarte in einem inflationären Umfeld sinkende Unternehmensgewinne, geringere Wachstumserwartungen und dadurch auch niedrigere Aktienkurse.“ Das Fazit: Längerfristig sind Aktionäre bestens gegen Inflation gerüstet, dennoch können geringfügige Anpassungen des Depots ratsam sein.

Wie lässt sich das Depot vor Inflation schützen?

Neemann greift auf einen alten Bekannten zurück: „Ich erwarte, dass in einem Umfeld steigender Inflation die Notenbanken die Zinsen aufgrund der hohen Verschuldung von Staaten und Unternehmen trotzdem niedrig lassen werden, so dass es zu deutlich negativen Realzinsen kommt. Deshalb halte ich weiterhin Gold oder Goldminenbetreiber für eine gute Depotbeimischung. Es wird zwar oft gesagt, dass Gold bei steigenden Zinsen leidet, weil es keine Dividende abwirft, aber solange die nominalen Zinsen unter der Inflationsrate liegen, ist Gold langfristig werterhaltend.“

Wer sein Geld inflationssicher anlegen will, sollte auf eine breite Diversifikation achten, so Zeltner. Und er hält ebenfalls eine Beimischung von Aktien aus dem Goldsektor für sinnvoll. Aber auch eine andere Branche könnte vor einem Comeback stehen, erklärt Zeltner: „Auch wenn ich insgesamt nicht von einer stark ansteigenden Inflation ausgehe, rechne ich im Ölsektor mit weiter steigenden Erdölpreisen. Die weltweite Nachfrage nach Öl wird vermutlich trotz der Fortschritte im Bereich der erneuerbaren Energien in den nächsten 10 Jahren (leider) noch steigen, wohingegen die Investitionen in diesem Bereich stark zurückgingen. Diese Kombination könnte zu stark steigenden Ölpreisen führen.“ Der Trader plant entsprechend für sein wikifolio Performance Stockpicking-Depot eine größere Position Royal Dutch Shell zu kaufen: „Die hohen Margen im bestehenden Ölgeschäft und die Neuausrichtung des Geschäfts in Richtung erneuerbarer Energien (hohe Investitionen im Bereich Wasserstoff) gefallen mir hier sehr gut.“

Welche Aktien punkten bei Inflation?

Gold, Öl und Konsumgüter – dorthin verschlägt es die drei befragten Trader in der aktuell inflationären Zeit. David Hauck nennt seine Favoriten: „Direkte Profiteure von Inflation sind für mich Einzelhändler wie zum Beispiel Kroger aus den USA, da sie höhere Preise am Markt durchsetzen können. Aber auch CropEnergies kann von steigenden Ölpreisen profitieren, da Ethanol und alternative Kraftstoffe an Attraktivität gewinnen. Ein weiterer Wert, der auch in meinem wikifolio Calvet Research Bewertung&Trends enthalten ist und einen soliden Inflationsschutz bietet, ist Barrick Gold .“

Neemann ergänzt: „In der Regel gelingt es Rohstoffunternehmen am Anfang der Wertschöpfungskette sehr gut, Preissteigerungen weiterzugeben – also wären zum Beispiel Eisen-/Eisenerzproduzenten wie Rio Tinto sicher interessant. Hier besteht aber das Risiko, dass die Immobilienindustrie in China abkühlt und die globale Stahlnachfrage dem entgegenläuft.“ Außerdem, so Neemann, sind starke Marken im Konsumgüterbereich wie Coca-Cola oder McDonalds in der Lage, Kostensteigerung an die Konsumenten weiterzugeben, ebenso wie Software-as-a-Service Unternehmen wie Microsoft , bei denen die Wechselkosten für die Kunden hoch sind. Das Problem: „Alle genannten Unternehmen sind schon jetzt hoch bewertet.“

Tipp: Die isolierte Betrachtung von nur einem Faktor – in diesem Fall der Inflation oder Inflationserwartung – reicht in der Regel nicht aus, um attraktive Aktien auszumachen. Aktionäre sollten immer das große Ganze im Blick haben. Das bedeutet im Umkehrschluss auch, dass die Aktie eines Unternehmens nur aufgrund steigender Preise nicht automatisch zum Verkaufskandidaten wird.

Welche Aktien leiden besonders bei Inflation?

Inflation alleine ist in den allermeisten Fällen kein Grund, um bestimmte Aktien aus den Depots zu werfen. Das bestätigt auch Thomas Zeltner mit Blick auf sein wikifolio Growth Investing Europa + USA . Manche Aktien beeinträchtigt der Preisdruck aber mehr als andere – zuletzt zum Beispiel gesehen bei den Technologiewerten der Nasdaq. Zeltner erklärt: „Grundsätzlich leiden bei sehr hoher Inflation die Aktienkurse von hoch bewerteten, wachstumsstarken Unternehmen am meisten, da die Cashflows, die weiter in der Zukunft liegen, aufgrund der Inflation einen geringeren Wert haben als aktuelle Einnahmen.“

Hauck ergänzt: „Die Frage ist, inwieweit die gestiegenen Preise an den Käufer weitergegeben werden können. Dabei kommt es auf die Marktstellung an. Beispielsweise bei Industrie- oder Logistikunternehmen würde ich nun genau schauen, wie sich steigende Einkaufspreise auswirken und ob man diese Preise bei den vorherrschenden Wettbewerbsbedingungen erhöhen kann.“

Einen weiteren Punkt gilt es zu berücksichtigen, weiß Neemann: „Wenn die gefühlte Inflation für Konsumenten steigt, dann werden diese als erstes größere Investitionen vermeiden, die aufschiebbar sind – wie zum Beispiel den Kauf eines neuen Autos. Hier haben sicher Daimler , BMW und Volkswagen ein potenzielles Risiko, genau wie darüber hinaus zyklische Unternehmen der Investitionsgüterindustrie.“ Womöglich ist deshalb Rolls Royce die einzige Autobauer-Aktie in Neemanns wikifolio Minus Sinus Value Select . Wir werden auch dieser Frage bei Gelegenheit auf den Grund gehen.


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