Besonders gelitten haben bislang Tech-Aktien. Und hier vor allem die großen – ebenjene die in den zurückliegenden 12 Monaten besonders vom Hype rund um künstliche Intelligenz profitiert haben. US-Tech als solches hat in Form des Nasdaq 100 auf Monatssicht – seitdem geht’s bergab – gerade einmal 12 % verloren und damit offiziell Korrektur-Territorium erreicht. Nicht mehr und nicht weniger. S&P 500 und DAX liegen gar „nur“ 5 % im Minus, der S&P 500 equal-weight, der die 500 Unternehmen alle gleich gewichtet und nicht nach Marktkapitalisierung, liegt sogar im Plus!
Trotzdem: Es fühlt sich schlimm an. Christian Scheid (Scheid), dessen wikifolio Special Situations long/short auf Monatssicht 3,5 % im Plus liegt (!?), weiß, warum: „Ich glaube nicht, dass wir schon bald zur Tagesordnung zurückkehren. Dafür sitzen die KI-Wunden zu tief. Die Zahlen von haben schonungslos offengelegt, dass die KI-Bäume nicht in den Himmel wachsen und dass es sehr schwer ist, in dem Bereich Geld zu verdienen. Vor diesem Hintergrund bin ich schon sehr gespannt auf die Zahlen von am Ende August.“
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Super Micro mit gestutzten Flügeln
Aja, Super Micro Computer, der KI-Profiteuer schlechthin. Die Aktie hat es seit Beginn der Korrektur besonders hart getroffen. Über 40 % hat der Titel auf Monatssicht verloren – mehr als jedes andere Nasdaq 100-Mitglied (Quelle: Onvista.de).
# | Name | Performance 1 Monat | Marktkap. in Mrd. Euro |
---|---|---|---|
1 | -41,80 % | 26 | |
2 | -40,90 % | 107 | |
3 | -40,79 % | 49 | |
4 | -40,69 % | 74 | |
5 | -39,03 % | 25 |
Die Hälfte davon büßte der Serverhersteller gestern nach Vorlage der Quartalszahlen ein. Umsatz und Gewinn wuchsen enorm, konnten aber mit den Analystenerwartungen nicht ganz mithalten. Schmerzhaft die Margenentwicklung: Sie fiel auf 11 % von zuvor 15,5 % - ein Indiz für die „nicht in den Himmel wachsenden KI-Bäume“.
Christian Mallek von der SIGAVEST Vermögensverwaltung, die u.a. verantwortlich für das wikifolio VV Wachstum Global ist, weiß mehr: „Der Grund für diese Verfehlungen liegt an dem Druck der Kunden (Nvidia). Super Micro möchte 5x schneller wachsen als der Branchendurchschnitt und daher nimmt man auch Preiszugeständnisse in Kauf. Der operative Cash-Flow war aufgrund der heftigen Investitionen negativ und betrug -635 Millionen Dollar. Die Barmittel sind mit 1,67 Milliarden Dollar noch ausreichend, Kapitalmaßnahmen aber nicht ausgeschlossen.“
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Sinkende Margen und mögliche Kapitalmaßnahmen sind rote Tücher für Börsianer. „Deshalb auch der Kussturz“, so Mallek. Die Aussichten seien aber absolut positiv. Und: Die Aktie sei nun alles andere als teuer. Das erwartete KGV liegt laut Mallek wieder unter 20, das KUV bei 1,6. Das Fazit des Experten: „Bei der Bewertung und den Wachstumsaussichten kann man nicht anders sagen als, dass Super Micro kaufenswert ist.“
„Schon so oft erlebt“
In Nordstern, dem überaus erfolgreichen wikifolio von Jörn Remus (Nordmann2015), ist Super Micro Computer aktuell mit gut 12 % gewichtet – und damit Platz 2 im 16 Aktien umfassenden Depot. Er hat sein Exposure bei dem Titel gestern im Laufe des Tages nochmal aufgestockt, allerdings vor der Zahlenvorlage. Entsprechend liegt er bei der Position aktuell auch zweistellig im Minus. Der Kauf passt aber zu einem aktuellen Kommentar: „Die Märkte korrigieren gerade. Man muss in solchen Zeiten ruhig bleiben. Ich habe reichlich Cash an der Seitenlinie (gut 30 %) und kaufe bei Übertreibungen. Sollte der Markt wieder eine Zwischenerholung einleiten, dann verkaufe ich ein Teil meiner Positionen wieder. Es könnte eine ruppige Zeit werden. Aber sowas habe ich schon oft erlebt. Daraus bin ich immer wieder gestärkt hervorgegangen.“
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„Risk off ist angesagt“
Während erfahrene Trader die erhöhte Volatilität für kurzfristige Trades nutzen können, können langfristig orientierte Investoren schon jetzt Ausschau nach Schnäppchen halten – allerdings vorsichtig und gut dosiert. Denn die Tücher sind noch nicht im trockenen. Oder, wie wikifolio Trader und Finanzjournalist Scheid analysiert: „Auch wenn es Erholungsversuche gibt, ist es zu früh, die heile Welt auszrufen.“ Eher das Gegenteil ist der Fall: „Die Investoren bleiben vor allem bei Big Tech auf der Verkäuferseite. Daran wird sich auch so schnell nichts ändern. Risk off ist angesagt.“
# | Name | Performance 1 Monat | Marktkap. in Mrd. Euro |
---|---|---|---|
1 | -6,17 % | 2 919 | |
2 | -13,94 % | 2 710 | |
3 | -19,54 % | 2 226 | |
4 | -17,57 % | 1 563 | |
5 | -7,71 % | 977 | |
6 | -15,49 % | 852 | |
7 | -16,87 % | 580 | |
8 | -22,37 % | 561 |
Ramon Hack (InvestmentDNA), der in seinem wikifolio Quantissimo streng regelbasiert handelt, glaubt ebenfalls nicht, dass so schnell wieder Ruhe einkehrt: „Es ist meist ein Warnsignal, wenn die Kurse über den Tag hinweg steigen und im Handelsverlauf vor allem zum Schluss der Session nachgeben. Das sehen wir jetzt den zweiten Tag in Folge nach dem Abverkauf. Das spricht dafür, dass die Profis, die sich eher zum Handelsschluss positionieren, vorrangig auf der Verkäuferseite unterwegs sind.“
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Kopfschmerzen bereiten neben der neuen KI-Realität auch die letzten US-Arbeitsmarktdaten, die schlechter ausfielen als erwartet. Plötzlich scheint eine US-Rezession nicht mehr – wie zuvor – ausgeschlossen. Philipp Traub (MarathonMann) steht mit seinem wikifolio US Techno aktuell komplett an der Seitenlinie. Er ist ausschließlich am Geldmarkt investiert und stellt sich auf ungemütliche und volatile Tage ein. Und er nennt einen weiteren großen Hemmschuh für die Börsen – vermutlich sogar den entscheidenden: „Als größtes Problem sehe ich die Aufwertung im Yen und die daraus resultierende Rückabwicklung der Carry-Trades. Durch die günstige Verschuldung im Yen wurde vieles auf Kredit gekauft. Gerade im US-Tech-Sektor oder im Krypto-Bereich dürfte es einiges an Schieflagen geben. Margin Calls und Zwangsliquidierungen dürften die Folge davon sein.“
Exkurs: Der „Carry-Trade“
Im Rahmen des Yen-Carry-Trades leihen sich Investoren in Japan Geld zu Zinssätzen nahe null und legen dieses dann in höher rentierlichen Anlagen in der ganzen Welt an. Ist die Risikobereitschaft hoch genug, dann verschuldet man sich auch mal, um damit etwa Aktien zu kaufen. Nun hat die Bank of Japan letzte Woche aber überraschend den Leitzins um 15 Basispunkte auf 0,25 % angehoben – und weitere Erhöhungen signalisiert. Die Aufwertung des Yen löste daraufhin Nachschussforderungen aus, was offenbar dazu führte, dass Spekulanten ihre Positionen auflösen und Aktien verkaufen mussten.
Nach den Turbulenzen an den Finanzmärkten Anfang der Woche, die auch und vor allem den Nikkei abstürzen ließen, ist die japanische Notenbank um Schadensbegrenzung bemüht. Der stellvertretende Notenbankchef Shinichi Uchida hat am Mittwoch versichert, die Notenbank werde „ihren Leitzins nicht erhöhen, wenn die Finanz- und Kapitalmärkte instabil sind“. Ob das ausreicht, um die Märkte zu stabilisieren? Traub dürfte recht behalten, wenn er sagt: „Es liegen spannende Tage und Wochen vor uns.“
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