Was mit
als Nischenprodukt begann, ist längst im Mainstream angekommen. E-Autos sind „In“, der Verbrennungsmotor „Out“. Das zeigt sich vor allem am Verhalten der großen Autobauer. Man übertrumpft sich damit, immer farbenreichere Bilder über die CO2-neutrale Zukunft zu malen. So will etwa VW ab 2026 keine reinen Verbrenner mehr produzieren und in den kommenden Jahren knapp 60 Milliarden Euro in E-Mobilität und Co. investieren.Also Ende gut, alles gut? Umwelt gerettet und Fahrspaß gesichert? Nicht ganz, denn die Meldungen über die bedenkliche Klima-Bilanz der E-Autos häufen sich. So veröffentlichte etwa das Ifo-Institut eine (äußerst umstrittene) Studie, welche dem Verbrenner einen geringeren CO2-Ausstoß als seinem elektrifizierten Kollegen attestierte.
Angesichts dieser Zwickmühle werden Stimmen laut, die nach einer beinahe vergessenen Alternative schreien - der Wasserstoff-Brennstoffzelle. Aber was steckt dahinter? Sind die Probleme der Brennstoffzelle behoben? Feiert die um die Jahrtausendwende hochgelobte Technologie ein Comeback und verdrängt auf lange Sicht die Batterie? Oder können beide Technologien friedlich nebeneinander existieren?
Status Quo: Batterie ist populärer
Bei Wasserstoff- und E-Fahrzeugen handelt es sich um Autos mit Elektromotor. Beim E-Auto wird der Strom extern zugeführt, also „getankt“ und dann im Akku gespeichert. Beim Wasserstoff-Auto wird der Strom direkt in der Brennstoffzelle erzeugt. Betrachtet man die Popularität der beiden Technologien, hat der Akku die Nase deutlich vorne. In Deutschland stehen rund 80.000 reine E-Autos und etwa 17.500 öffentliche Ladepunkte nur knapp 400 Wasserstofffahrzeugen und unter 100 Tankstellen gegenüber. Hier zeigt sich das viel diskutierte „Henne-Ei“-Problem der Brennstoffzelle. Die Infrastruktur ist schlecht, darum bleiben die Kunden aus. Weil die Kunden ausbleiben wird in die Infrastruktur nicht investiert. Ein ähnliches Problem zeigt sich beim Preis der Autos. Während E-Autos schon ab 20.000 Euro aufwärts erhältlich sind, geht es beim Wasserstoff, zum Teil bedingt durch die geringen Produktionsmengen, erst ab 50.000 Euro los.
Um einen Überblick über Vor- und Nachteile der beiden Technologien, eine Einschätzung über die Zukunft der Elektromobilität und ein paar Tipps zu den spannendsten Aktien aus der Branche zu erhalten, haben wir die mit der Materie vertrauten wikifolio-Trader Stefan Krick ( Stevox ) und Vincent Soltau ( Juliette ) zum Interview gebeten. Soltau verwaltet das wikifolio Tech & GreenTech Aktienwerte , in dem er den Schwerpunkt auf Aktien-Nebenwerte aus der Tech-Branche legt. Krick setzt in seinem wikifolio Wasserstoff & Brennstoffzellen , wie der Name vermuten lässt, auf Wasserstoff-Aktien.
Batterie vs. Brennstoffzelle: Was sind die Vor- und Nachteile?
Soltau spricht die erwähnte kritisch zu hinterfragende CO2-Bilanz der Batterie an: „Bei der Herstellung der Batterien entsteht beim heutigen Strommix viel CO2. Das ist ein großer Nachteil der Batterie. Außerdem ist der Bedarf an Kobalt, Nickel und Lithium für Batterien aus ökologischer Sicht kritisch zu sehen, was die Herstellung und Entsorgung der Batterien angeht.“
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Auch Krick nennt dies als Nachteil der Batterie, macht aber noch weitere Probleme aus – im Vergleich zur Brennstoffzelle: „Ein Fahrzeug mit Wasserstoff zu betanken dauert nur wenige Minuten, bei Batterien sind dies mehrere Stunden, selbst mit Schnelladesystemen. Außerdem kann Wasserstoff verlustfreier über größere Distanzen transportiert werden als Strom. Das heißt, man kann dort, wo der Strom produziert wird, Wasserstoff herstellen und diesen bedarfsgerecht einsetzen. Außerdem ist die Reichweite bei wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen deutlich höher als bei batteriebetriebenen und die Fertigung von Wasserstoff-Tank und -Brennstoffzelle verursacht weniger CO2-Emissionen als bei Batteriesystemen. Sofern genügend Strom aus regenerativen Energien bereitsteht, ist die Brennstoffzelle deutlich umweltfreundlicher als eine Batterie.“
Naturgemäß hat auch die Brennstoffzelle ihre Nachteile, die laut Soltau aber behebbar sind: „Ein Nachteil der Brennstoffzellentechnologie sind die derzeit noch hohen Kosten in der Herstellung, da die technischen Anforderungen relativ hoch sind. Ein weiterer derzeitiger Nachteil ist die noch viel schlechtere Infrastruktur mit Wasserstofftankstellen. Das sind aber lösbare Probleme.“
Krick ergänzt: „Betrachtet man den Input und Output von Batterie und Brennstoffzellensystem hat die Batterie einen klaren Vorteil. Als Faustformel nimmt man an, dass für ein Brennstoffzellensystem dreimal mehr Energie benötigt wird als für eine Batterie bei gleicher Leistung.“ Das bedeutet, so Krick: Ist (grüne) Energie nur begrenzt vorhanden, hat die Batterie die Nase vorn.
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Was setzt sich durch?
„Ich denke, eine Koexistenz ist zumindest in den nächsten Jahren sehr wahrscheinlich, da beide Technologien derzeit ihre Berechtigung haben“, vermutet Soltau. Aber: „Ich bin davon überzeugt, dass die Brennstoffzellentechnologie weiter aufholt. Auf lange Sicht hoffe und glaube ich, dass sich die Brennstoffzelle durchsetzen und peu a peu die Batterie ablosen wird.“
Auch Krick geht von einer – allerdings langfristigeren - Koexistenz aus: „Ich denke, in diesem Jahrhundert ist eine Koexistenz wahrscheinlicher. Batterien sind aktuell für Kurzstrecken und geringe Lasten bestens geeignet und am wirtschaftlichsten. Brennstoffzellen können effektiv bei Langstrecken und hohen Lasten eingesetzt werden. Würde man beispielsweise Flugzeuge mit Batterien antreiben wollen, wäre dies aufgrund des Gewichts nicht mehr flugfähig. Flugzeuge mit Brennstoffzellensystemen fliegen aber bereits durch die Luft. Brennstoffzellensysteme eignen sich außerdem dann besonders, wenn ein Energieüberschuss vorhanden ist. Dieser sollte natürlich durch regenerative Energien entstehen und nicht durch fossile Brennstoffe.“
Wasserstoff-Aktien mit Potential
Angesichts des zunehmenden Bedarfs an alternativen, umweltfreundlicheren Antriebssystemen gibt es hier mittlerweile einige aussichtsreiche Anbieter. wikifolio-Trader Krick dazu: „
stellt hocheffiziente festoxid Brennstoffzellen (SOFC) für stationäre Anwendungen unter dem Namen SteelCell her. Das einzigartige an Ceres Power ist das spezielle Lizenzmodell, wodurch aufwändige Fertigungsanlagen gespart werden und hohe Bruttomargen möglich sind. Mit einem durchschnittlichen Umsatzwachstum der letzten 3 Jahre von 84 Prozent ist man Spitzenreiter im Wasserstoffsektor. Zwar ist Ceres Power derzeit sehr hoch bewertet, doch dafür ist das Wachstum enorm.“Soltau nennt
und als Profiteure: „Ballard ist erfolgreich bei der Ausstattung höher motorisierter Fahrzeuge wie Busse und Bahnen und ist stark in Nordamerika und auch in China vertreten. PowerCell Sweden positioniert sich unter anderem stark im Automobilbereich – in Europa ist die Geschäftsentwicklung aussichtsreich.“ Außerdem nennt Soltau noch . Das Unternehmen ist spezialisiert auf leichte Brennstoffzellensysteme, die etwa bei Gabelstaplern zum Einsatz kommen. Das Kundenportfolio sei namhaft: „Dazu zählen Unternehmen wie Walmart, Amazon, DHL oder Fiat Chrysler. Der Autobauer hat 240 Brennstoffzellen bei Plug Power bestellt.“Auch Krick ist Fan von Plug Power: „ Plug Power meldet gefühlt täglich neue positive Nachrichten zur Geschäftsentwicklung. Die vertikale Integrationsstrategie läuft durch Übernahmen von Giner ELX und United Hydrogen auf Hochtouren. Plug Power möchte in Zukunft die gesamte Wertschöpfungskette von der Wasserstofferzeugung bis zur Endanwendung in Brennstoffzellen anbieten.“ Auch für die Entwicklung der Geschäftszahlen hat Plug Power laut Krick ambitionierte Ziele: „Bis 2024 will man die Umsätze von derzeit 260 Millionen US-Dollar auf 1,2 Milliarden US-Dollar nahezu verfünffachen. Der Markt traut Plug Power derzeit zu, dieses Ziel zu erreichen, nicht zuletzt aufgrund der vielen globalen Fördermaßnahmen zur Förderung der Wasserstoffwirtschaft.“
Für defensivere Anleger gibt es laut Krick Alternativen: „Eine weitere Interessante und weitaus weniger spekulative Möglichkeit vom kommenden Wasserstoff-Boom zu profitieren sind ausgewählte europäische Versorgungsunternehmen. Hier ist besonders
hervorzuheben, die sich 2016 dazu entschieden haben, voll auf „grüne Energie“ zu setzen. Während man damals lukrative konventionelle Energiekontrakte abgegeben hat, hat man die Ökostromaktivitäten von EON und Innogy übernommen. Dies führte zu kurzfristigen Belastungen, aber durch den Boom der erneuerbaren Energien, hat sich der Deal gelohnt. RWE treibt nun den Ausbau der Infrastruktur für eine Wasserstoffwirtschaft voran. Man wird in Zukunft sehr stark von den Fördermaßnahmen Deutschlands und der EU zum Aufbau von Elektrolysekapazitäten profitieren.“Aber Vorsicht: Eine Investition in Einzeltitel ist nicht ratsam – und sollte nur mit der entsprechenden Expertise in Betracht gezogen werden. Wer sich dennoch beteiligen möchte, kann dies über entsprechende börsennotierte Indexfonds (ETFs) tun oder natürlich auch über passende wikifolio-Zertifikate.
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