Alles neu macht der Herbst - DAX-Familie im Fokus
Der deutsche Aktienmarkt steht vor gravierenden Veränderungen. Und damit ist (noch) nicht die von unserem Finanzminister gerade mal wieder heiß diskutierte Finanztransaktionssteuer gemeint. Zunächst einmal sorgt die Deutsche Börse selbst für reichlich Wirbel innerhalb der eigenen DAX-Familie. Ab September wird die bisherige Trennung nach den Segmenten Tech und Classic aufgehoben und die Zahl der Indexmitglieder im MDAX und SDAX erhöht.
Der TecDAX, der künftig auch Branchengrößen wie SAP oder Infineon beinhaltet, wird dadurch quasi zu einem „Branchen-Index“. Alle hier gelisteten Unternehmen können parallel auch in einem der drei Auswahlindizes (DAX, MDAX, SDAX) enthalten sein. Welcher Index das dann sein wird, hängt letztlich nur noch von der Höhe der Marktkapitalisierung und den Börsenumsätzen ab, wobei ein klares Regelwerk an fixen Terminen über Auf- und Abstiege entscheidet. Wir analysieren Hintergründe und Auswirkungen dieser Umstellungen.
Der TecDAX verliert an Exklusivität
wikifolio-Trader Michael Koch („michael1koch“), der das wikifolio „IT, Software und eHealth“ verwaltet, hält die Aufnahme von Technologieaktien in den MDAX und den SDAX für „längst überfällig“. Seine Begründung: „Eine klare Abgrenzung zwischen den Branchen ist in der voranschreitenden Digitalisierung ohnehin kaum möglich“. Auch für Investoren sieht er klare Vorteile. Vor allem die kleineren Werte dürften durch die Aufhebung der Branchentrennung und die Aufstockung der Indizes noch mehr in den Fokus der Marktteilnehmer rücken. „Die Vielfalt der Unternehmen werden den SDAX für Anleger interessanter machen, auch weil sie die Entwicklung der deutschen Wirtschaft besser widerspiegeln“, prognostiziert der Trader.
Der TecDAX könnte seiner Ansicht nach aber an Attraktivität einbüßen, weil hier trotz der Öffnung für die großen Unternehmen die Zahl der Indexmitglieder nicht angehoben wird: „Durch die mögliche Aufnahme von DAX-Titeln könnte sich die Anzahl der exklusiv nur im TecDAX gelisteten Unternehmen weiter reduzieren.“
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Mehr Leben und Wachstum für den MDAX
Obwohl der Technologie-Index in den vergangenen Jahren deutlich mehr Performance generiert hat als die anderen DAX-Indizes, ist ihm als Investitions-Vehikel nie wirklich der Durchbruch gelungen. Das zeigt sich zum Beispiel an den Exchange Traded Funds (ETF), wo der TecDAX sowohl bei der Anzahl der offerierten Produkte als auch dem investierten Kapital deutlich hinter dem MDAX zurückliegt. Der wiederum könnte von der Neuordnung spürbar profitieren, wie wikifolio-Trader Felix Hagmann („Zinseszins“) glaubt: „Ich finde den Schritt sinnvoll, auch weil er mehr Leben und Wachstum in die ‚klassischen‘ Indizes wie etwa den MDAX bringt, wenn dort mehr-Tech Werte vertreten sind.“ Insgesamt wird die Zahl der Mitglieder im Mid-Cap-Index ab Herbst von 50 auf 60 steigen, im SDAX werden dann sogar 70 Werte Platz finden. In Hagmanns wikifolio befinden sich gerade einmal sechs Werte: Die „IT Leader“ konnten auf Jahressicht um 45 Prozent zulegen. Seit Emission des dazugehörigen Zertifikats Anfang Dezember 2016 steht eine Performance von fast 80 Prozent zu Buche.
Index-Fonds müssen angepasst werden
Üblicherweise kommt es im Vorfeld von Indexveränderungen immer wieder zu Spekulationen über potenzielle Auf- und Abstiegskandidaten. Das kann durchaus auch die Kurse der betroffenen Aktien beeinflussen. Schließlich müssen die Anbieter von passiven Index-Fonds und ETFs die Umstellungen eins zu eins nachbilden, was zum Teil über die Terminmärkte schon vorab vorbereitet wird. Vor diesem Hintergrund könnten die kommenden Wochen extrem spannend werden.
Langfristig rechnet Hagmann aber nicht mit großen Auswirkungen auf die einzelnen Werte. Deshalb hält er seinen persönlichen Favoriten auch ohne Aufstiegs-Fantasie weiter die Treue: „Die Kursentwicklung der Aktien sollte das alles nur kurzfristig beeinflussen, bis die Fonds ihre Positionen angepasst haben. Die langfristige Aufwärtsbewegung von Werten wie Cancom oder Bechtle sollte davon nicht tangiert werden, da die Unternehmen sich bestens entwickeln.“