Wenn der Regelfall zur Ausnahme wird
Klassische Börsenregeln sind gerade bei Privatanlegern sehr beliebt. Das für viele im Detail oft nicht nachvollziehbare Geschehen an den Kapitalmärkten wird dadurch gefühlt einfacher und irgendwie auch transparenter. Obwohl die meisten „Regeln“ nicht mehr als statistische Auffälligkeiten vergangener Ereignisse sind, ist die Trefferquote in vielen Fällen doch recht hoch. Das gilt selbst in Ausnahmejahren wie 2018, wo zum Beispiel die „traditionelle“ Weihnachts- oder Jahresendrally den vom 20. Dezember bis zum 5. Januar investierten Anlegern erneut eine nette Performance beschert hätte. Das passt perfekt zur Historie, denn in den vergangenen 60 Jahren haben der DAX und sein Vorgängerindex rund um Weihnachten und Silvester in 80 Prozent aller Fälle ein Plus erzielt. Seit der offiziellen Einführung des DAX Ende 1987 liegt die Erfolgsquote übrigens auf demselben Niveau. Im Schnitt ging es dabei um 2,5 Prozent nach oben. Dieses Mal konnte der DAX im besagten Zeitraum immerhin 1,5 Prozent an Wert zulegen. Mit den passenden Hebelprodukten hätte man die Gewinne noch entsprechend pushen können. Diese Börsenregel hat sich also erneut bewährt.
Analysten setzen auf eine nachhaltige Erholung
Ansonsten verlief das Börsenjahr 2018 bekanntermaßen ernüchternd. Und längst nicht bei allen „Regeln“ brachte die konsequente Umsetzung den gewünschten Erfolg. Vor allem in den historisch „starken“ Börsenmonaten des Schlussquartals hagelte es heftige Verluste. Von Anfang Oktober bis Ende Dezember brach der DAX um fast 14 Prozent ein, was so gar nicht zu der Statistik der Vergangenheit passt. Hinter dem April rangieren diese drei Monate bei der Rangliste der durchschnittlichen Performance nämlich auf den Plätzen zwei bis vier. Auch die Serie der Erfolgsjahre wurde dadurch bei fast allen Aktienindizes gerissen. Der DAX lag zum Jahresende das erste Mal seit 2011 unter dem Stand zum Jahresauftakt und erlitt mit 18,3 Prozent den größten Verlust sei dem Crash-Jahr 2008. Selbst die lange Zeit sehr stabilen US-Indizes konnten die Pluszeichen nicht bis zum Schluss verteidigen. Unter der Motorhaube sah es sogar noch dramatischer aus. Bei 75 Prozent der 2000 weltweit größten Aktien lagen die Kursverluste im vergangenen Jahr oberhalb von 20 Prozent. Viele kleinere Titel halbierten ihren Börsenwert sogar. Obwohl nach der langjährigen Hausse fast jedem klar war, dass es irgendwann so kommen wird, waren die meisten Marktteilnehmer vom Zeitpunkt und/oder der Dynamik der Korrektur doch überrascht.
Börsenjahr 2019: Neues Jahr, neue Hoffnung?!?
Trotz aller Enttäuschung haben die Banken ihren Optimismus scheinbar noch lange nicht verloren. Bei den traditionell zum Jahresende hin durchgeführten Umfragen äußerte sich die klare Mehrheit zuversichtlich, dass der DAX zumindest einen Großteil seiner Vorjahresverluste 2019 wieder wettmachen kann. Das durchschnittliche Kursziel der Analysten liegt bei rund 11900 Punkten. Selbst nach der Erholung der vergangenen Tage hätte der deutsche Aktienindex damit noch 9 Prozent Potenzial. Die Trader bei wikifolio.com sehen das deutlich differenzierter.
Stephan Beier („Trendfolge“) zum Beispiel geht mit Blick auf die von ihm in den vergangenen Jahren für sein wikifolio „Trendfolge Long/Short Smallcap” sehr erfolgreich genutzten Indikatoren davon aus, dass mit der Talfahrt der vergangenen Monate tatsächlich eine längere Trendwende eingeleitet wurde: „Ich kann mir gut vorstellen, dass das Jahr 2019 von weiter fallenden Aktienindizes, wahrscheinlich unter erhöhter Volatilität, geprägt sein wird“. Weil er aktuell aber keine ernsthafte Anlagealternative zur Investition in Aktien sieht, rät er Anlegern zu einem trendfolgenden Ansatz. So könne man die sich wahrscheinlich temporär bietenden Opportunitäten in den steigenden Marktphasen nutzen, während gleichzeitig durch ein konsequentes Risikomanagement zu große Verluste in den fallenden Marktphasen vermieden werden. Umgesetzt hat er das zuletzt durch den Verkauf aller Shortpositionen und die Aufnahme der Leifheit-Aktie in sein Musterdepot (+107 Prozent seit Mitte 2013 bei gerade mal 11 Prozent Maximalverlust). Deren Gewichtung ist mit 5 Prozent aber überschaubar, was ein klarer Beleg für die unverändert sehr defensive Vorgehensweise des Traders („Ich gehe davon aus, dass das Pendel auch früher oder später wieder in die Abwärtsrichtung, mit dann höherer Geschwindigkeit bzw. Dynamik umschlägt“) ist.
Wenn 7 Prozent plötzlich ambitioniert sind
Auch Richard Schmutzler („Snoop“) befürchtet, „dass das Börsenjahr 2019 kein einfaches werden wird“. Nach einem „holprigen Start bis Februar oder März“ könnten sich womöglich kurzfristige Einstiegschancen bieten, bevor es im Herbst wieder ungemütlich wird. Eine anhaltende Korrekturphase hält er aber auch für ganz normal, nachdem die Aktienmärkte zuvor ja auch über viele Jahre lang kontinuierlich gestiegen sind. In seinem wikifolio „Snoops-Trading” hält er dennoch einen Aktienbestand von rund 40 Prozent. Nach einem sehr erfolgreichen Vorjahr mit rund 13 Prozent Gewinn hat sich der Trader für 2019 zum Ziel gesetzt, die Marke von 200 Euro zu überspringen. Das würde vom aktuellen Stand aus ein Kursplus von mindestens 7 Prozent bedeuten. Klingt erst mal nicht besonders ambitioniert, wäre bei einem insgesamt erneut schwächelnden Gesamtmarkt aber eine stolze Leistung.
Alte Probleme, neue Chancen?
Die im Unterschied zu den meisten Analysten eher vorsichtige Haltung begründen die beiden Trader vor allem mit den zahlreichen potenziellen Belastungsfaktoren wie dem aktuell noch schwer zu kalkulierenden Brexit-Prozess (heute Abend wird im britischen Parlament abgestimmt), der möglicherweise erneut aufflammenden Vertrauenskrise in der Eurozone und dem Handelsstreit zwischen den USA und China. Auch der an den Börsen sehr aktive Egon Peters („AL1619“) geht deshalb davon aus, dass politische Ereignisse weiterhin das Börsengeschehen beeinflussen werden. Er sieht genau hier aber auch Chancen. „Findet eine beidseitige Einigung zwischen den USA und China statt und der Brexit kann irgendwie noch abgewendet werden, wird es für die Börse positive Auswirkungen haben“, erklärt der Trader, der gelernt hat, sich stets den aktuellen „Marktgeschehnissen anpassen“. Für Langfristinvestoren sieht Peters nach dem Vorjahres-Crash jetzt aber einen passenden Zeitpunkt, um sich „gute Dividenden Aktien ins Depot legen“. Folgerichtig ist sein mit einem Plus von 104 Prozent nahe Allzeithoch notierendes wikifolio „BullenArena” auch zu 80 Prozent mit Einzelaktien bestückt.
Der Griff in das fallende Messer
Trader-Kollege Beier hingegen ist da noch etwas zurückhaltend: „Aus meiner Erfahrung ist es nie ratsam, in sehr dynamischen Abwärtsbewegungen die Aktienkurse als günstig zu empfinden, nur weil sie zuvor höher gewesen sind. Es ist ja nicht zwangsläufig so, dass ein zuvor ausgeprägter Aktienkurs je wieder erreicht werden muss. Viele Anleger greifen in solchen Phasen dann in das sprichwörtlich fallende Messer“. Er empfiehlt geduldigen Investoren deshalb eine genaue betriebswirtschaftliche Analyse der jeweiligen Unternehmen durchzuführen, um so eine mögliche Unterbewertung herauszufinden. Als Alternative biete sich gerade im kurzfristigen Bereich die charttechnische Analyse der Aktienkurse an. Er selbst kombiniert die beiden Ansätze miteinander und gibt zu bedenken, dass aktuell „fast keine der als günstig erachteten Aktien die charttechnischen Vorgaben für einen Einstieg erfüllt“. Leifheit war hier wohl eine der wenigen Ausnahmen.
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