Bei all der negativen Stimmung, die 2022 vorherrschend war, könnten es selbst Vollblut-Börsianer verpasst haben: Der DAX hat seit Anfang Oktober 17 Prozent zugelegt und selbst der Dow Jones Industrial Average, der aufgrund seiner Zusammensetzung recht konjunkturabhängig ist, liegt fast 14 Prozent im Plus. An der Nasdaq blieben Anleger zurückhaltend: Erst in den letzten Tagen meldete sich der Index mit einem starken Lebenszeichen zurück.
Überraschend kommt die Underperformance der Tech-Werte für die beiden wikifolio Trader Philipp Weller und Simon Weishar nicht. „Technologie- und Wachstumswerte, welche im Wesentlichen die Zusammensetzung des Nasdaq ausmachen, leiden aktuell aufgrund ihrer hohen Ausgangsbewertung und aufgrund der steigenden Zinsen. Höhere Zinsen machen sich für diese Unternehmen generell mehr bemerkbar als beim Dow Jones oder DAX, die Unternehmen enthalten, die auch heute schon positive Cash Flows generieren und nicht erst – wenn überhaupt – in einigen Jahren“, erklärt Weller. Weishar bestätigt: „Die in der Zukunft liegenden Gewinne sind durch die nun steigende Verzinsung heute weniger wert.“
Nicht schon wieder eine Bärenmarktrally
Auch wenn die großen Indizes seit dem Tief zweistellig zulegen konnten, sei es noch zu früh, um von einer Wende in Richtung Bullenmarkt zu sprechen, zweifelt Weishar: „Der Dow Jones hat meiner Meinung nach vor allem deshalb angezogen, weil viele gemeldete Unternehmenszahlen positiv ausfielen und sich die Wirtschaft gegen die Zinsanhebungen robust gezeigt hat.“ Gleichzeitig seien die Bewertungen im Dow Jones oder auch DAX deutlich niedriger als an der Nasdaq, weshalb die Zinserhöhungen weniger stark auf die Kurse drückten. „Allerdings könnten die schwierigen Quartale, in denen sich die wirtschaftlichen Bremsspuren zeigen, jetzt erst noch kommen“, so Weishar. Weller sieht das ganz ähnlich: „Die Fed hat klar gemacht, dass die Zinsen weiter erhöht werden. Ich gehe daher davon aus, dass zyklische Aktien in den kommenden Wochen und Monaten unter einer steigenden Rezessionsangst leiden werden. Auch Technologie- und Wachstumswerte werden in den kommenden Monaten einen harten Stand haben.“
Bärenmarktrally ist also – sofern es nach Weishar und Weller geht – einmal mehr das Stichwort, nachdem steigende Kurse schon im Sommer eine verfrühte Euphorie auslösten. Klarheit über Inflation und Zinsen bräuchte es, glaubt Weishar, dann würden die Kurse auch an der Nasdaq nachhaltig steigen. Im Umkehrschluss bedeutet das: „Solange die Unsicherheit im Markt ist, wie hoch die Inflation noch steigen wird und wie stark die Zinsen angehoben werden müssen, solange wird es schwierig eine nachhaltige Erholung zu sehen.“ Es sei gut möglich, dass die negativen Nachrichten noch nicht zu Ende sind und die Stimmung erneut kippt.
Weller hält sich daher in seinem wikifolio Multi-Asset Allokation noch zurück: „Ich bin aktuell eher vorsichtig, mit einer für meine Verhältnisse hohen Cash- und Short-Quote. Es ist aktuell nicht absehbar, wo im System die steigenden Zinsen zu Schwierigkeiten und Verwerfungen führen.“
Wende oder nicht – diese Investments sind attraktiv
Meine Kernpositionen im Bereich Energie halte ich nach wie vor für attraktiv. Die Sub-Sektoren Uran, Öl, Kohle und Gas sollten sich auch in einem inflationären Umfeld positiv entwickeln. (…)
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Nicht schon wieder eine Bärenmarktrally Auch wenn die großen Indizes seit dem Tief zweistellig zulegen konnten, sei es noch zu früh, um von einer Wende in Richtung Bullenmarkt zu sprechen, zweifelt Weishar: „Der Dow Jones hat meiner Meinung nach vor allem deshalb angezogen, weil viele gemeldete Unternehmenszahlen positiv ausfielen und sich die Wirtschaft gegen die Zinsanhebungen robust gezeigt hat.“