High Stakes Poker
Sicherheit über die Zukunft gibt es eigentlich nie. Aber es gibt Zeiten, in denen ein regelrechtes Stakkato an Nachrichten und Entscheidungen auf die Marktteilnehmer einprasselt. Nach dem Ende der Sommerpause ist nun genau das zu spüren. Wenn dann auch noch Wahlen anstehen, wie die Midterm Elections in den USA und nicht ganz so bedeutsam, die Landtagswahlen in Bayern und Hessen, dann wird auf der politischen Bühne mit besonders harten Bandagen gekämpft. Außenpolitisch ist das beispielsweise an der erneut verschärften Gangart der USA gegenüber dem Iran zu erkennen, innenpolitisch an einer regelrechten Schlammschlacht um die Nominierung von Brett Kavanaugh für den Supreme Court, die zusätzlich noch dadurch motiviert ist, dass ein Richter am Obersten Gerichtshof weit über die Amtszeit des jeweiligen Präsidenten hinaus wirkt. Bis zu den Midterms am 6. November wird die US-Politik im Ausnahmezustand bleiben und damit wohl auch noch für die eine oder andere Überraschung gut sein.
Nach der Wiesn ist vor dem Kater
Betrachtet man die Ereignisse durch die Brille der politischen Motivation dahinter, dann erscheint auch der jetzt gefundene Diesel-Plan der Bundesregierung in einem anderen Licht. Verkehrsminister Andreas Scheuer brauchte den „Erfolg“ vor dem 14. Oktober. Denn er gehört just jener CSU an, die an diesem Termin zur bayerischen Landtagswahl antritt und allen Prognosen nach ein verheerendes Ergebnis einfahren wird. Welchem Wechselbad Börsianer ausgesetzt waren, konnte man am Kursverlauf der Baumot-Group-Aktie mitverfolgen; das Unternehmen hat sich auf Hardware-Nachrüstungen für Diesel-Aggregate spezialisiert und galt phasenweise als großer Gewinner einer Lösung.
Brüssel im Mehr-Fronten-Krieg
Auch in Großbritannien und Italien ist die Verunsicherung politischer Natur. Bei den Briten sind es zwar keine unmittelbar bevorstehenden Wahlen, aber ein unaufhaltsam näher rückender Brexit-Termin im März 2019. Auch in dem Rosenkrieg mit Brüssel geht es nicht nur um Sachfragen, sondern vor allem um gekränkte Eitelkeiten und eine ordentliche Portion Starrsinn. Bis zum März nächsten Jahres sind auch in dieser Angelegenheit noch erhebliche Wechselbäder zu erwarten. In Italien gibt sich die Regierung zwar recht kämpferisch, hängt aber wie kaum ein anderes Euro-Land am Schuldentropf. Der Konflikt besteht nur an der Oberfläche in ein paar Milliarden, die Rom gerne zusätzlich ausgeben möchte. Nein, die italienische Regierung ist mit der europäischen Gesamtsituation unzufrieden. Zwar hat Brüssel Druckmittel gegen Italien in der Hand und auch die EZB könnte Rom auf subtile Weise disziplinieren; das Anleihekaufprogramm soll ohnehin auslaufen. Allerdings ist mit Italien nun das zweite EU-Gründungsmitglied mehr oder weniger auf Konfrontationskurs zu Brüssel gegangen, von den Visegrád-Staaten gar nicht zu reden. Es ist die Zentrale, die sich zunehmend in einen hausinternen Mehr-Fronten-Krieg verstrickt. All die genannten „High Stakes Poker“-Partien haben Gemeinsamkeiten: Sie sind politisch motiviert, sie laufen unter Zeitdruck ab und wer letztlich das bessere Ende für sich haben wird, ist bis zum Showdown offen. Für Trader gibt es verschiedene Möglichkeiten, mit einem solchen Umfeld umzugehen. Beispielsweise die klassische Spekulation, die unbeirrte Strategie oder die Konzentration auf Krisenprofiteure.
Zugpferde unter Volldampf
Lange bevor an den Börsen Modelle und Strategien umgesetzt wurden, wurde dort ganz einfach spekuliert. Man hatte eine „Meinung“ zum Markt, zu einer Aktie oder zu einem Rohstoff und handelte entsprechend. „Entsprechend“ heißt, dass man sich eben nicht zu Tode diversifizierte, sondern bedeutsame Wetten einging. In dieser Tradition handelt auch Andre Domaschke („Fuchs2014“) mit seinem wikifolio „Spekulation übergreifend“. Was „Spekulation“ bedeutet, haben wir gerade geklärt. „Übergreifend“ meint, dass sich Domaschke nicht auf bestimmte Instrumente einengen lässt. Er handelt alles, was das große wikifolio-Universum hergibt, auch Hebelprodukte. Für seine Anlageentscheidungen nutzt er ebenfalls praktisch alles: „Fundamentaldaten, Nachrichten, Charts und Finanzforen“. Das ist in dieser knapp formulierten Allgemeinheit natürlich nicht sonderlich aussagefähig.
Ganz im Gegensatz zu seiner Performance, die sich seit der Auflegung Ende September 2014 auf satte 188 % beläuft. Während insgesamt 19 strukturierte Produkte derzeit nur einen Anteil von gut 10 % des wikifolios ausmachen, ist die Aktie der australischen Clinuvel Pharmaceuticals mit einem Anteil von mehr als 45 % die aktuell größte Einzelposition – und mit einem aufgelaufenen Gewinn von mehr als 131 % auch noch die Profitabelste. Genau so geht „übergreifende Spekulation“.
Hunde, die nicht bellen
Einen anderen Weg geht Thomas Riepl („LaggyLuke“). Ihn interessieren weder politische Pokerpartien noch ausgefeilte Spekulationen auf Einzeltitel. Stattdessen setzt er mit seinem wikifolio „Dogs of the Dow Low Five“ auf eine seit vielen Jahren bekannte und bewährte Strategie: Aus einer Vorauswahl von ca. zehn Aktien des Dow Jones mit der höchsten Dividendenrendite sucht Riepl die fünf Titel heraus, die den niedrigsten Kurs haben. Komplizierter wird es nicht. Auch der betriebene Aufwand hält sich in Grenzen. Umgeschichtet wird genau einmal jährlich zum Jahresanfang, ganz egal ob Trump hustet, May tänzelt oder Juncker unter Ischias leidet. Die Idee dahinter ist antizyklischer Natur: In der Gruppe der unzweifelhaften Blue Chips (Dow Jones Index) wird nach jenen Aktien gesucht, die zurückgeblieben, aber trotzdem gesund sind (niedriger Kurs & hohe Dividendenrendite).
Praktisch sind das jene Hunde, die im abgelaufenen Jahr nicht gebellt haben, von denen man aber erwarten kann, dass sie im Folgejahr umso kraftvoller zubeißen. Seit Anfang 2014 ging es entsprechend mit einem Plus von mehr als 86 % zügig nach oben.
Rendite schaffen … mit Waffen
Zugegeben ein äußerst heikles Thema. Anhänger des nachhaltigen und ethischen Investierens werden wohl bereits die Nase rümpfen, wenn sie den Namen von Thomas Hapalas („CashCow“) wikifolio lesen: „Fokus Rüstungsindustrie Weltweit“. Andererseits ist die Welt eben nicht immer und überall so, wie wir sie uns vielleicht wünschen mögen. Und gute Investoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie ihre (Investitions-)Entscheidungen nicht aufgrund des eigenen Wunschdenkens, sondern aufgrund realer Rahmenbedingungen treffen. Und dazu gehört, dass Regierungen moderne Waffentechnik erwerben – weit überwiegend mit dem alleinigen Ziel, potenzielle Angreifer glaubwürdig abzuschrecken. In einer Welt, in der Konflikte immer deutlicher zutage treten, werden die Rüstungsausgaben auf absehbare Zeit auch kaum sinken.
Im Gegenteil. Etliche Armeen, wie beispielsweise die deutsche Bundeswehr, sind in einem derart desolaten Zustand, dass die Politik praktisch gar nicht anders kann, als die Ausgaben in diesem Bereich zu erhöhen. Ein Geschäft also, das auch künftig stetige Wachstumsraten verspricht. Die sieht man übrigens bereits seit Jahren in Hapalas wikifolio, das seit der Auflegung im Dezember 2011 mit seinem weitestgehend passiven Branchenansatz einen Wertzuwachs von 284% aufweist.
Was kommt?
Das sollten Anleger im Auge behalten
Nächsten Donnerstag gibt es mit den US-Verbraucherpreisen das zweite wichtige Konjunkturdatum. Am selben Tag wird übrigens die Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rates veröffentlicht, die Einblicke in den Stand der geldpolitischen Diskussion innerhalb der EZB gewährt.
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