Christian Scheid (Scheid) setzt in seinem wikifolio Special Situations long/short auf möglichst schnelle und/oder nachhaltige Kursbewegungen. Bei der Aktienauswahl achtet er vor allem auf klar definierte „Sondersituationen“, zu denen zum Beispiel mögliche Übernahmen, Sonderdividenden, Indexaufnahmen oder anstehende Neubewertungen zählen. Dieser Ansatz hat ihm bislang eine jährliche Durchschnittsperformance von 22% gebracht, was in Summe ein Plus von über 580% bedeutet. Zum Vergleich: Der Nasdaq 100 steht im selben Zeitraum bei 350%. Zeit für ein Interview!
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Christian, Sondersituation Nvidia. Der Chiphersteller hat zuletzt mit seinen Quartalszahlen die Analystenerwartungen pulverisiert und gleich mal für eine Tech-Aktien-Rally gesorgt. Auch du hast Nvidia nach den Zahlen in deinem wikifolio Special Situations long/short getraded – nur ein Kurzfrist-Quartalszahlen-Trade oder wäre der Chiphersteller auch etwas Längerfristigeres fürs Depot?
Christian Scheid (Scheid): Ich habe nur für einen kurzfristigen Trade ins wikifolio genommen. Nach Vorlage der jüngsten Quartalszahlen, die fantastisch ausgefallen sind, hat die Aktie zunächst deutlich positiv reagiert. Anschließend kam es zu Gewinnmitnahmen. Ich habe darauf gesetzt, dass der Kurs nach einer kurzen Schwächeperiode wieder nach oben drehen wird. Die Idee ist aufgegangen. Übrigens ist im Gegensatz zur landläufigen Meinung Nvidia keinesfalls überbewertet. Nachdem die Analysten ihre Gewinnschätzungen stark nach oben revidiert haben, ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) für 2024 inzwischen auf 33 gesunken – und damit so niedrig wie seit acht Monaten nicht mehr. Da ich aber nicht beurteilen kann, wie lange der positive Gewinntrend bei Nvidia anhalten wird, ist die Aktie für mich längerfristig eher weniger interessant.
An der Makro-Front hat man das Gefühl, je schlechter die Konjunkturdaten, umso besser laufen die Märkte. Spekuliert wird wohl auf ein Ende der Zinsanhebungen. Eine schwache Konjunktur oder gar eine Rezession kann ja auch nicht das Ziel sein, oder? Klarer Fall von „be careful what you wish for, cause you might get it“?
Mich würde es sehr wundern, wenn der geldpolitische Straffungskurs dies- und jenseits des Atlantiks ohne Folgen für die Wirtschaft bliebe. Eigentlich ist eine Rezession nur eine Frage der Zeit. In Deutschland vergingen von der ersten Zinserhöhung bis zum Beginn der Rezession im Schnitt fünf Quartale. In den USA schlitterte die Wirtschaft im Schnitt 13 Monate nach der ersten Zinserhöhung in die Rezession. Es könnte also ab Herbst ungemütlich werden. Sobald ein solches Szenario absehbar ist, werden die Notenbanken gegensteuern und die Zinsen wieder senken. Möglich, dass die Märkte darauf wetten. Historisch gesehen kommt es jedoch spätestens nach der ersten Zinssenkung zu einer Korrektur an den Märkten. Die Börsenparty steuert also möglicherweise bald – vermutlich Anfang kommenden Jahres – ihrem Höhepunkt entgegen.
Aktuell hältst du im Long/Short-wikifolio 66% Cash. Ist das die abwartende Haltung, um zu sehen, wo die Märkte hingehen oder woran liegt’s, dass du eher zurückhaltend unterwegs bist?
Ich möchte mein Pulver aktuell noch trocken halten. Wenn ich Signale für einen breiten Kursaufschwung sehe, werde ich die Cashquote auch schnell wieder senken. In einem guten Börsenumfeld kann diese auch schon mal auf 0 bis 10 Prozent fallen.
Weil der Sommer ja schon wieder vorbei ist, braucht’s natürlich auch folgende Frage: Jahresendrally – ja oder nein?
Vor allem in guten Aktienjahren gibt es am Ende meist nochmals eine Rally. Denn Profi-Anleger polieren in den letzten Wochen des Jahres ihre Depots mit Aktienkäufen auf, gerne mit den „Gewinner-Aktien“. Damit wollen sie in der Jahresendabrechnung den Anschein erwecken, schon das ganze Jahr über auf das richtige Pferd gesetzt zu haben. Gerade Papiere wie Nvidia und die Mega-Techs könnten dann nochmal einen Gang zulegen.
Du bist ja kein Tesla-Fan. Die Aktie hat sich 2023 aber herausragend entwickelt. Hat sich deine Meinung zu dem Autobauer geändert?
Zunächst muss ich eingestehen, dass ich mit meiner negativen Einschätzung zu
zuletzt falsch lag. Allerdings wurden die Anteilscheine im Zuge des KI-Hypes nach oben getrieben – weil Tesla nach Meinung vieler Marktteilnehmer zu den größten Gewinnern dieses Phänomens gehört. Diesen Zusammenhang sehe ich überhaupt nicht. Im Gegenteil: Ich kann bei dem Unternehmen nur wenige Berührungspunkte mit Künstlicher Intelligenz erkennen. Teslas Fahrassistenzsystem "Full Self-Driving" (FSD), das künftig vollständig autonomes Fahren ermöglichen soll, ist ein Flop und sollte lieber "Fake Self-Driving" genannt werden.Am Ende des Tages ist Tesla ein normaler Autobauer. Früher oder später wird sich das auch in der Bewertung niederschlagen.
Mit steigenden Zinsen gibt es zunehmend attraktive Investmentalternativen zu Aktien. Geldmarkt-Produkte und kurzfristige Staatsbonds bringen bis zu 5% Zinsen, recht risikolos. Sind das interessante Optionen für dich aus Anlegersicht?
Sicherlich sind Anleihen für viele Anleger aktuell eine attraktive Option. Für mich nicht. Meine Leidenschaft gilt Aktien. An die Renditen, die man mit dieser Anlageform erzielen kann, kommen Anleihen langfristig bei Weitem nicht heran. Aber natürlich kommt es entscheidend auf die Titelauswahl an.
Zurück an der Aktienfront: Du hast ja die Bilanzsaison zum 2ten Quartal recht umfangreich verfolgt, wie aus deinen Kommentaren zu entnehmen ist. Was ist dein Fazit? Wie laufen die Geschäfte und wie gut kommen etwa die deutschen Unternehmen mit den höheren Zinsen zurecht?
Viele Unternehmen haben überraschend gut berichtet. Scheinbar konnten viele Gesellschaften ihre höheren Einkaufspreise an ihre Kunden weitergeben. Doch diese Trends werden nicht ewig anhalten. Erste Bremsspuren zeigen sich schon. Wie die Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY errechnet hat, stieg der Gesamtumsatz der 40 DAX-Unternehmen im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nur noch um 1,1 Prozent. Bei den Gewinnen meldeten immerhin schon 18 Gesellschaften einen niedrigeren Gewinn als im Vorjahreszeitraum. Die höheren Zinsen dürften mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit noch zum Problem werden. Sie fressen sich nach und nach in die Bilanzen der Unternehmen.
Das Zertifikat zu Special Situations long/short gibt’s seit kurzem auch im Bezugsverhältnis 10:1 für nur 70 Euro. Hast du selber schon aufgestockt?
Die Idee, wikifolio-Zertifikate jetzt auch mit einem Bezugsverhältnis von 10:1 anzubieten, finde ich super! Ja, ich werde mir da wohl demnächst auch selbst ein paar Stücke kaufen. Vielleicht tausche ich meine bereits seit Jahren bestehende Position im Special Situations long/short auch ganz in die neuen Papiere.
10 Jahre ist das long/short-wikifolio mittlerweile fast alt. Worauf blickst du gern zurück?
Es gibt nicht den „einen“ besonderen Moment. Als Trader ist jeder Tag aufs Neue spannend und herausfordernd. Schließlich weiß man oft morgens beim Aufwachen noch nicht, mit welchen Themen und Trades man sich tagsüber beschäftigen wird. An wikifolio schätze ich, dass ich meine Ideen einfach, schnell und transparent umsetzen kann.
Und was hilft dir über die nächsten 10 Jahre, die du uns hoffentlich noch erhalten bleibst?
Die Börse ist meine große Leidenschaft und wird mich hoffentlich auch in Zukunft inspirieren. Aber klar: Ich beschäftige mich den ganzen Tag mit Nachrichten und Zahlen, da brauche ich einen gewissen Ausgleich. Viel Sport – und nicht zuletzt meine Familie – helfen mir dabei, wieder einen klaren Kopf für neue Ideen zu bekommen. Das hat in den vergangenen 10 Jahren prima funktioniert – und darauf hoffe ich auch für die nächsten 10 Jahre.
Christian, vielen Dank für die Einschätzungen und interessanten Einblicke in deine Strategie!
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