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20.07.2018| Von: Christina Oehler |

Die Digitalisierung der Medienwelt sorgt schon seit langem für Umwälzungen in der Branche. Nach und nach weiten sich diese aber zu einem wahren Tsunami aus. Während in den Anfangszeiten vor allem Zeitungen, Buchhandlungen und Verlage vor der digitalen Konkurrenz zittern mussten, wächst nun auch der Druck auf die ganz großen „Entertainer“. Welchen Reiz digitale Angebote zum Zeitvertreib haben, liegt auf der Hand. Ob Musik, Video oder Gaming. Das Prädikat „Online“ garantiert Flexibilität, einfache Zugänglichkeit und nahtlose Anpassbarkeit an individuelle Bedürfnisse. Kein Wunder also, dass die Nachfrage hoch ist und entsprechende Alternativen wie Pilze aus dem Boden schießen.

 

Wie stark der Einfluss der neuen Herausforderer in der Medienwelt tatsächlich ist, hat sich erst im Juni gezeigt. Dem Videostreaming-Anbieter Netflix ist es nach einem Höhenflug der Aktie gelungen, den Platzhirsch der Unterhaltungsindustrie – Walt Disney – von seinem Thron zu stoßen. Zumindest kurzzeitig war der Nasdaq-Konzern an der Börse mehr wert als Disney. Aktuell liefern sich die beiden ein Kopf an Kopf Rennen: Nach enttäuschenden Quartalszahlen sackte die Marktkapitalisierung von Netflix auf nunmehr 136,9 Milliarden Euro ab, der Disney-Konzern ist mit 144 Milliarden Euro bewertet.

Beim Geld hört die Freundschaft auf

Der „schlafende Riese“ regt sich ob dieser Störung und ergreift Gegenmaßnahmen, die er sich auch was kosten lässt. Im Zuge dessen muss die Partnerschaft mit Netflix daran glauben. Um zukünftig stärker von Produktionen aus den hauseigenen Studios “Pixar Animation ” und “Disney Animation” zu profitieren, werden dem bisherigen Distributionspartner Netflix die Verwertungsrechte dafür entzogen. Die Filme und Serien sollen dem Publikum nunmehr exklusiv über einen eigenen Streamingdienst zugänglich gemacht werden. Damit soll zumindest eine – allzu offene – Flanke gegen die Konkurrenz geschützt werden. Auch die in den 90er Jahren durch Marvel verkauften Filmrechte an Comichelden sollen wieder in den Besitz von Disney übergehen. Einige, wie X-Man oder Deadpool, sind das bereits seit der Übernahmen von 20th Century Fox und entpuppten sich seither als wahre Goldgrube. Seit 2008 mit „Iron Man“ der erste Blockbuster der Marvel-Studios herauskam, konnten mit 17 Filmen rund 12 Milliarden Dollar eingespielt werden.

Let me entertain you. Bitte?

Im Gegensatz zu diesen schwindelerregenden Summen klingen die Zahlen bei den „großen Deutschen“ wahrlich bescheiden. Wirft man einen Blick auf "Europas größtes Medienhaus" Axel Springer (7 Milliarden Euro Marktkapitalisierung) oder die ProSiebenSat.1 Media-Gruppe (5,2 Milliarden) fragt man sich, ob die im Kampf um die Aufmerksamkeit der Massen überhaupt noch mitspielen oder schon abgeschrieben werden können. Falls dem so ist, haben sie das K.O. zumindest noch nicht akzeptiert.

Bei der ProSiebenSat.1-Gruppe soll eine aggressive Digitalisierungsstrategie das Performance-Minus in den Griff bekommen. Ob das gelingt, steht naturgemäß in den Sternen, aber zumindest bei den wikifolio-Tradern ist der Wert noch relativ beliebt. Seit Jahresbeginn rangiert die Aktie mit einem positiven Sentiment unter den 10 meistgehandelten Titeln der Medienbranche. Damit liegt sie vor Disney und dem deutschen Konkurrenten Axel Springer. Grund dafür könnte das erfolgreiche Commerce-Geschäft sein. Ziel dieser Sparte ist es, den Ausbau digitaler Erlösquellen voranzutreiben und das Kerngeschäft TV zur Bekanntmachung neuer Marken heranzuziehen. Auch die Kreation und der Vertrieb von digitalen Inhalten stellen einen strategischen Eckpfeiler mit Potential dar.

 

Prosieben.Sat1 erwirtschaftet mittlerweile etwas mehr als die Hälfte außerhalb des TV-Geschäfts. Mit der unter dem Namen Nucom firmierenden E-Commerce-Sparte möchte das Unternehmen nun europaweit wachsen. Nucom umfasst unter anderem die Onlineportale Verivox und Parship sowie den Erlebnisanbieter Jochen Schweitzer und hatte sich bisher nur auf den deutschsprachigen Raum konzentriert.“
wikifolio-Trader Emanuell Hauss aka Haussi

In eine ähnliche Kerbe schlägt auch Axel Springer. Durch die Überführung des Geschäftsbereiches „Corporate Solutions“ in eine eigene Gesellschaft, wurde dem Content Marketing ein sehr hoher Stellenwert eingeräumt. Außerdem sollen Investments und der Aufbau neuer Geschäftsmodelle das Digitalportfolio des Konzerns zukunftsfähig machen.

Axel Springer hat sich schon 2013 mit einer ständigen Repräsentanz im Silicon Valley niedergelassen. Springers Jobbörse Stepstone gehört zu den erfolgreichen Projekten im digitalen Wandel. Disruptiv hatte Springer seinen eigenen deutschen Anzeigenmarkt geschwächt und gehört heute mit Stepstone zu den europaweit führenden Jobbörsen.“
wikifolio-Trader Moritz Lange aka LangeKapital

Einer für alles

Dass Unternehmen wie Disney die Herausforderung der Silicon Valley-Generation keinen Tag zu früh annehmen, beweist auch der Strom an namhaften Playern, die mehr und mehr zu Entertainment-Komplett-Anbietern werden. Nachdem der e-Commerce-Riese Amazon mit seinen Musik-, und Video-Angeboten schon lange in den Gewässern der digitalen Unterhaltung fischt, wagt nun auch Apple den Sprung ins kalte Wasser. Seit gut einem Jahr wird kräftig in den Eintritt in den Streamingmarkt investiert. Neben kreativem Talent für die Entwicklung eigener Produktionen, werden auch stapelweise Serien eingekauft. Apple sitzt auf Bargeldreserven in Höhe von 285 Milliarden Dollar. Da ein Konkurrent wie Netflix damit praktisch aus der Portokasse gekauft werden könnte, ist zumindest eines klar: Wer hier ein Stück vom Kuchen will, wird um einen Kampf nicht herumkommen.

 

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