Mit steigenden Steuern rechnet an der Wall Street vorerst kaum jemand. Mit neuen Stimulus-Paketen, weiterhin sehr niedrigen Zinsen und einem solideren Regieren dagegen schon. Das alles treibt schon jetzt die Kurse – und so könnte es auch noch eine Weile bleiben. Der Ton gegenüber China dürfte in den nächsten Jahren moderater werden. Der Ton wohlgemerkt, in der Sache bleiben ein Menge Gegensätze zwischen China und den USA.
Buy the rumor – sell the facts
Wie immer an der Börse dürfte es so kommen, dass die Hoffnung auf neue Billionen-Pakete die Kurse nach oben treibt. Sobald sie aber einmal beschlossen sind, kann der Abverkauf beginnen. So war es auch bei Donald Trump und seiner Steuerreform.
Das ganze Jahr 2017 über stiegen die Kurse im S&P 500. Die Börse freute sich auf die versprochene Unternehmenssteuerreform. Kurz vor Weihnachten wurde die dann gesetzt.
Was folgte war ein enttäuschendes Jahr 2018. Es endete tief im Minus. Die Anleger hatten im Vorfeld der Entscheidung den Index nach oben gekauft (buy the rumor). Als die Steuerreform dann in Kraft trat, dauerte es ziemlich genau sechs Wochen und die Kurse setzten zur ersten Korrektur des Jahres 2018 an, der dann noch eine zweite folgte (sell the facts). Natürlich hat seinerzeit auch der verschärfte Ton gegenüber China eine Rolle gespielt. Und auch die gestiegenen Zinsen taten das Ihrige.
Wer (...) sein Geld an der Seitenlinie parkt, der macht in meinen Augen ebenso etwas falsch wie alle, die glauben, die Party könne so wie in den letzten Wochen weitergehen.
So könnte es mit dem neu gewählten amerikanischen Präsidenten Joe Biden und seiner Agenda ebenfalls kommen. Sind die großen Programme mit ihren Billionen Dollar an Ausgaben über die Bühne, könnte der Markt ernsthaft über eine Korrektur nachdenken. Wann das soweit sein wird? Ende des Jahres 2021 will Joe Biden das Infrastrukturprogramm angehen.
Steigende Kurse – kann das so weitergehen?
Kann das so weitergehen? Diese Frage haben wir uns seit dem April 2020 schon oft gestellt. Im Moment ist die Antwort klar. Erstens müssen wir feststellen, dass es so weitergeht. Die Kurse sind in der ersten Handelswoche des Jahres an der Nasdaq um 2,4 Prozent gestiegen.
Kann das so weitergehen? Natürlich nicht. 2,4 Prozent in einer Handelswoche multipliziert mit 52 Wochen würde auf Gewinne von 125 Prozent für 2021 hinauslaufen. Die zweite Antwort lautet also ganz eindeutig: No way. Wir erleben gerade die guten Zeiten des Jahres.
Der S&P 500 ist in der ersten Handelswoche um 1,8 Prozent gestiegen und hat nach einigen Auf- und Abschwüngen auf einem all-time-high geschlossen. Kann das so weitergehen? Natürlich nicht. 1,8 Prozent multipliziert mit 52 ergibt 94 Prozent. Noch einmal: No way.
Das Jahr 2021
Läuft das Jahr richtig gut (keine für den Markt sehr schwierigen Überraschungen), dann können wir bei beiden Indizes Gewinne zwischen 10 und 20 Prozent (total return) erleben. Meine persönliche Prognose: Tech wird auch in diesem Jahr vor dem breiten Markt liegen – allerdings nicht in dem Maße wie wir das in 2020 erlebt haben, mit rund 45 Prozent für die Nasdaq (total return) und 18 Prozent im S&P 500. Beide Zahlen sind auf Dollarbasis.
Und was macht die amerikanische Notenbank Fed? Sie ist bei der Frage, wie das Jahr 2021 für den Aktienmarkt laufen wird, ein ganz entscheidender Spieler. Steigende Zinsen schließt die Fed für dieses Jahr aus. Auch für 2022 sind sie nicht in Sicht. Manche der Mitglieder im Federal Open Market Committee haben schon darüber spekuliert, dass die bisherige Geldpolitik der Fed auch bis Ende 2023 die Zinsen so niedrig halten wird.
Wer angesichts dieser Perspektiven sein Geld an der Seitenlinie parkt, der macht in meinen Augen ebenso etwas falsch wie alle, die glauben, die Party könne so wie in den letzten Wochen weitergehen.
Die Korrektur kommt
Die Börsenbeobachter reden derzeit gerne von der kommenden Korrektur. Kommt sie wirklich? Aber ja! Eine Korrektur des Marktes im Jahresverlauf 2021 ist wahrscheinlich. Der Markt korrigiert im Schnitt alle 18 Monate einmal. Zehn dieser Monate sind jetzt um. Läuft alles nach Plan (und wann tut es das an der Börse schon), dann erwartet uns in acht Monaten die nächste Korrektur.
Für Langfristanleger ist das einerlei. Korrekturen gehören zum Geschäft. Wer sie nicht erleben will, der ist an der Börse falsch. Korrekturen sind für sie eine gute Gelegenheit um nachzukaufen.
Kommt die Korrektur wirklich schon 2021? Kann sein – kann auch nicht sein. Die Börse liebt Überraschungen. Gut möglich, dass sie die fällige Korrektur einfach ausfallen lässt und sich an dem (hoffentlich) guten Start der Biden-Administration erfreut. Auch gut. Dann wird es 2022 das nächste Mal billig werden, mit Abschlägen von zumindest 10 bis 20 Prozent.
Bis es dazu kommt, könnten die Kurse bereits um 30 Prozent gestiegen sein. Auf die Korrektur zu warten, das kann Anlegerinnen und Anleger also teuer zu stehen kommen.
Mein Fazit
Das hinter uns liegende Jahr hat für viele Unternehmen die Entwicklung von fünf Jahren in fünf Monaten ablaufen lassen. Wir haben zudem die sehr guten 10er Jahre hinter uns. Der Chart oben (Nasdaq 100) zeigt es. Es war ein Jahrzehnt der Technologieaktien, die in der Corona-Krise ihre unglaubliche Stärke ausgespielt haben.
Ich erwarte ebenso gute 20er Jahre. Ich erwarte technologische Veränderungen, die alles in den Schatten stellen, was wir in den vergangenen zehn Jahren erlebt haben. Die Welt im Jahr 2030 wird grundlegend anders sein als die Welt, so wie wir sie derzeit kennen. Das Jahr 2020 war der Auftakt zu diesem Jahrzehnt. Für mich ist 2020 kein Jahr zum Vergessen, sondern ein Jahr an das wir uns noch lange erinnern werden.
Disclaimer: Christian Thiel ist wikifolio-Trader und betreut als sparstrumpf die wikifolios Global Champions und Global Tech-Champions . Darüber hinaus betreibt er den Blog „Großmutters Sparstrumpf“. An dieser Stelle kommentiert er finanzmarktrelevante Nachrichten und Ereignisse und analysiert Aktien, in denen er möglicherweise auch im Rahmen seines wikifolios engagiert ist. Der Text spiegelt die Meinung des Autors wider. wikifolio.com übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung. Der Inhalt stellt keine Anlageberatung und auch keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar.
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