Haas ist einer der Ansprechpartner, wenn es um Small Caps geht - also sogenannte Nebenwerte. Bei Small Caps handelt es sich um Unternehmen mit einem Börsenwert im zwei- bis dreistelligen Millionenbereich. Da es ihnen an einer gewissen Größe mangelt, sind sie im Vergleich zu den Standardwerten aus dem DAX oder dem EuroStoxx 50 meist weniger bekannt und werden von institutionellen Investoren in der Regel auch weniger berücksichtigt. Doch wo es ihnen an Größe mangelt, punkten sie mit Wachstumspotenzial. Wir sprechen mit Haas über Nebenwerte und warum sie eine ausgezeichnete Ergänzung zu den klassischen Blue Chip- und Standardwerte-ETFs im Depot sind. Viel Spaß dabei!
Sie betreuen einige erfolgreiche wikifolios – ihr wikifolio Nebenwerte Europa ist aber das mit Abstand größte, gemessen am investierten Kapital im zugehörigen Zertifikat. Wie kam es zur Idee, ein wikifolio rund um Nebenwerte zu bauen?
Philipp Haas ( investresearch ): Nebenwerte sind neben Wachstumsaktien mein Fokusgebiet, weswegen es naheliegend war, dazu ein wikifolio aufzulegen. Außerdem kann man als aktiver Investor dort den größten Mehrwert liefern und auch wikifolio selber ist hier relativ gesehen meiner Meinung nach am stärksten, da man auch in Werte gehen kann, die für typische Nebenwertefonds mit zum Beispiel 300 Millionen AUM (assets under management, Anm.) zu klein und zu „spekulativ“ wären.
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Grundsätzlich zählen Unternehmen mit einem Börsenwert von bis zu 500 Millionen Euro zu den Small Caps. Ist das auch in etwa die Grenze, die sie für ihr wikifolio anwenden?
Da gibt es ehrlich gesagt keine feste Grenze, was denke ich auch nicht im Sinne der Anleger wäre, denn wenn ich eine gute Idee finde und die eine Marktkapitalisierung von 600 Millionen hat, sollte sie trotzdem gekauft werden. Generell wären aber keine DAX- oder EuroStoxx-Aktien in meinem wikifolio zu finden.
In der Handelsidee ist vom Small Cap Effekt die Rede. Was versteht man darunter?
Das bedeutet, dass kleine Aktien langfristig besser performen als große Aktien. Daher ist dieses wikifolio auch eine gute Ergänzung zu einem MSCI World ETF, wo man ja nur in große Firmen investiert.
Lässt sich allgemeingültig sagen, dass ein diversifizierter Nebenwerte-Aktienkorb einen Aktienkorb voller Large Caps langfristig immer outperformen wird? Wenn ja, warum ist das so?
Absolute Aussagen an der Börse sind mit Vorsicht zu genießen. Früher war es aber über lange Zeiträume so. Das ist, denke ich, auch nachvollziehbar, da es einfacher ist, sich bei 100 Millionen Umsatz zu verdoppeln als bei 10 Milliarden Umsatz. Auch werden große Firmen ja nicht schneller und agiler, sondern eher bürokratischer. In den letzten Jahren gab es aber die Ausnahmen der großen Digitalfirmen, die skalierbar wachsen konnten und auch den ETF-Trend, was den Small Cap Effekt sicherlich abgemildert hat.
Dass ein diversifizierter Nebenwerte-Aktienkorb einen Aktienkorb voller Large Caps in der Regel outperformen wird, ist nachvollziehbar, da es einfacher ist, sich bei 100 Millionen Umsatz zu verdoppeln als bei 10 Milliarden Umsatz. (...).
Wenn Nebenwerte also tendenziell langfristig outperformen, dann ist das Risiko in diesem Segment grundsätzlich auch größer, oder?
Ja und nein. Das Risiko bei einzelnen Nebenwerten ist sicherlich größer als bei einem großen Indexwert. Jedoch korrelieren die großen Indexwerte auch wegen der hohen ETF-Quote immer mehr. Das bedeutet, dass man sich das gleiche Risiko ins Portfolio holt. Bei Nebenwerten gibt es mehr Möglichkeiten zu diversifizieren und Aktien zu kaufen, die auf die großen Indexschwankungen weniger reagieren. Dies ist auch einer der Gründe, weshalb bei meinem wikifolio Nebenwerte Europa der maximale Verlust und die Schwankungen niedriger sind als bei den bekannten Aktienindizes.
In Deutschland können wir den SDAX mit dem DAX vergleichen – und sehen hier tatsächlich eine Outperformance der Nebenwerte. Gibt es Benchmarks auch außerhalb Deutschlands, also zum Beispiel einen europäischen Nebenwerte-Index? Woran orientieren sie sich hier?
Es gibt einen EuroStoxx 600 Small Cap Index, aber darin sind nicht wirklich kleine Aktien, wie sie bei mir zu finden sind. Ich orientiere mich eigentlich nicht an einer Benchmark.
Werfen wir einen Blick auf die Branchen – tun sich hier bei den Nebenwerten jene Branchen in Sachen Performance positiv hervor, die auch bei größeren Werten outperformen? Sind etwa Tech-Nebenwerte besser als Nebenwerte anderer Branchen? Welche Branchen sind top, welche flop?
Ja, auch im Nebenwerte-Bereich sind Highflyer oft im Technologie-Sektor zu finden. Jedoch kann es auch spannende, kleine Angreifer in eher defensiven Branchen geben, die von strukturellen Veränderungen profitieren.
Wer mit Nebenwerten handelt, muss damit rechnen, dass sie weniger liquide sind als Standardwerte. Wie gehen sie mit diesem Problem um?
Das ist ein gewisses Problem, das sich auch mit der Größe des wikifolios verstärkt hat. Ich werde daher auch etwas passiver sein und gerade das Momentum nach dem QFMA-Modell noch langfristiger interpretieren. Manch interessante Aktie kann auch nicht in der gewünschten Allokation gekauft werden, da der Spread zu hoch dafür wäre.
Das wikifolio Nebenwerte Europa ist sehr stark diversifiziert. Würden sie es bei einem Portfolio von Large Caps auch so machen?
Das würde ich bei beiden Segmenten so machen, wie ich es auch von meinem professionellen Hintergrund als Fondsmanager kenne. Das zeigt auch, dass meine Modelle mit dem fairen KGV und das QFMA-Modell funktionieren und die Performance nicht von ein oder zwei „Glückstreffern“ oder einer Hypebranche abhängig ist.
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Immer mal wieder hat man in den letzten Monaten und Jahren lesen können, dass Nebenwerte ordentlich unter die Räder kommen (nur um sich scheinbar rasant wieder zu erholen). Ist hohe Volatilität etwas, womit man als Nebenwerte-Investor rechnen muss? Wie kann man gegensteuern?
Ja, das kommt immer mal wieder vor, vor allem in den beliebten Nebenwerte-Aktien. Da kommt es dann schnell mal zu einer Liquiditätskrise, wenn viele Privatanleger verkaufen und auch Fonds Abflüsse haben und Positionen auflösen müssen. Ich versuche durch eine Steuerung der Cash-Quote, Diversifikation und Investments, die noch nicht so entdeckt sind, gegenzusteuern. Hier hilft auch der Europa-Ansatz, der eine etwas größere Diversifikation als zum Beispiel ein Nebenwerte-Fonds mit Fokus Deutschland ermöglicht.
Trotz der hohen Diversifikation ist es ihnen gelungen, den SDAX in den letzten Monaten und Jahren deutlich outzuperformen. Was ist ihr Geheimnis?
Einerseits meine nachvollziehbaren Modelle, wie das faire KGV, das QFMA-Modell und die investresearch Makromatrix, die ich auf meiner Webseite investresearch.net und auch in meinem bald erscheinenden Buch „Die Kunst des Investierens“ erkläre, andererseits aber auch meine inzwischen doch langjährige und intensive Erfahrung. Ich habe mir in Europa schon über 1.000 Aktien näher angeschaut und verfüge über ein recht breites Marktwissen. Wer mehr Steine umdreht, entdeckt dann auch mehr Chancen.
Welche Nebenwerte sind mittel- bis langfristig ihrer Ansicht nach jene mit den besten Aussichten?
Es ist immer schwer, einzelne Aktien hervorzuheben. Die Ideen findet man ja live im wikifolio oder natürlich auch auf meinem Youtube-Kanal und in meinem wöchentlichen Newsletter Finanzpost.
Herr Haas, vielen Dank für das Gespräch!
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Disclaimer: Jedes Investment in Wertpapiere und andere Anlageformen ist mit diversen Risiken behaftet. Es wird ausdrücklich auf die Risikofaktoren in den prospektrechtlichen Dokumenten der Lang & Schwarz Aktiengesellschaft (Endgültige Bedingungen, Basisprospekt nebst Nachträgen bzw. den Vereinfachten Prospekten) auf www.wikifolio.com, www.ls-tc.de und www.ls-d.ch hingewiesen. Die Performance der wikifolios sowie der jeweiligen wikifolio-Zertifikate bezieht sich auf eine vergangene Wertentwicklung. Von dieser kann nicht auf die künftige Wertentwicklung geschlossen werden.