Mit einem Plus von über 20 Prozent hat sich der Technologieindex Nasdaq Composite im abgelaufenen Jahr erneut sehr gut entwickelt. Seit dem Corona-Crash im Frühjahr 2020 sind die Kurse damit nun um 135 Prozent gestiegen. Im Vergleich zu den Tiefs im Jahr 2009 hat sich der Wert des Index sogar mehr als verzwölffacht – eine mehr als imposante Entwicklung, von der sich viele Anleger und wikifolio-Trader in 2022 nur allzu gerne eine Fortsetzung wünschen. Ob es dazu kommt, ist fraglich. Und das liegt nicht nur an den sich leicht verschlechternden Rahmenbedingungen in Form von womöglich weiter steigenden Zinsen in den USA.
Die Marktbreite lässt schwer zu wünschen übrig
Vielmehr fällt auf, dass der Großteil der US-Tech-Aktien schon eine ganze Weile lang nicht mehr steigt. Die folgend abgebildete Advance/Decline-Linie spiegelt die Differenz zwischen der Anzahl gestiegener und der Anzahl gefallener Aktien an der Nasdaq wider. Hier tendierten die Werte im vergangenen Jahr eindeutig gen Süden.
Im Dezember fiel die durch diesen Indikator abgebildete Marktbreite sogar auf den tiefsten Stand des Jahres. Dass der Aktienindex selbst trotzdem weiter gestiegen ist, liegt fast ausschließlich an der starken Performance einzelner Indexmitglieder. Die Aktien von
, , , und (Facebook) sind aufgrund ihrer hohen Marktkapitalisierung so prominent in dem Index vertreten, dass ihre Performance die Entwicklung des gesamten Index sehr entscheidend prägt. Und das obwohl der Nasdaq Composite insgesamt mehr als 3.000 Aktien beinhaltet. Beim Nasdaq 100 ist diese, vielen Investoren in dieser Form sicher nicht bewusste Abhängigkeit von wenigen Werten übrigens noch gravierender. Da kommen Apple und Mircosoft zusammen aktuell auf ein Gewicht von über 20 Prozent, die Top 10 machen mehr als 50 Prozent des Gesamtindex aus.Erste kleine Warnhinweise in den Charts
Das abnehmende Momentum des Gesamtmarktes wird auch durch zunehmende Signale von entsprechenden Indikatoren wie dem Hindenburg-Omen oder dem Ohama-Titanic-Syndrom bestätigt. Doch wie können Anleger nun erkennen, ob es sich bei den immer wieder mal vorkommenden Kursrücksetzern des Index nur um ein normales Durchatmen des Marktes handelt oder ob womöglich eine Trendwende droht? Hilfreich ist dabei immer der Blick auf die Charts und dabei vor allem das Verhalten an wichtigen Kursmarken. Anfang Dezember etwa hatten wir an dieser Stelle bereits auf ein erstes technisches Warnsignal hingewiesen, als der Nasdaq Composite im Tageschart unter das Vorgängerhoch bei 15.403 Punkten gefallen war. Wenn an solchen markanten Unterstützungen im Chart keine erkennbare Reaktion der Bullen erfolgt, ist dies ein deutliches Zeichen für eine nachlassende Dynamik im Aufwärtstrend.
Potenzieller Wendepunkt bei 14.175 Punkten
Im großen Bild ist aktuell noch alles im Lot. Eine klare Trendwende deutet sich hier aktuell noch nicht an. Selbst neue Hochs sind demnach weiterhin absolut im Bereich des Möglichen. Der Wochenchart zeigt, dass die „ultimative“ Unterstützung im Bereich von 14.175 Punkten zu finden ist. Dieser ehemalige Widerstand hat sich im zweiten Halbjahr des vergangenen Jahres gleich mehrfach als das perfekte Sprungbrett für zumindest kurzfristig wieder steigende Kurse erwiesen. Sollte der Index diese Marke mal signifikant unterschreiten, darf die Rally erst einmal als beendet angesehen werden.
Im besten Fall kommt es dann zu einer langwierigen Seitwärtsphase. Wahrscheinlicher wäre nach dem massiven Kursanstieg der letzten Jahre aber eine längere oder heftige Korrektur. Dabei ist das 2021er-Tief bei 12.400 Punkten eine erste potenzielle Zielmarke, zumal leicht darüber ein wichtiges Fibonacci-Retracement und knapp darunter eine weitere Unterstützung bei 12.070 Punkten liegen. Sollte es zu stärkeren Gewinnmitnahmen kommen, sind auch Rückschläge bis 10.520 oder 9.838 Punkten vorstellbar. Das muss man dann aber im Detail analysieren, wenn absehbar ist, wie die Korrektur verläuft.
Keine neuen Hochs beim Nasdaq Composite
Kurzfristig befindet sich der Index innerhalb einer Range zwischen rund 14.900 und 15.800 Punkten. Dass es hier anders als beim S&P 500 zu Jahresbeginn keine neuen Hochs gab und am oberen Ende des genannten Korridors jetzt zweimal Gewinnmitnahmen einsetzten, ist ebenfalls kein Zeichen der Stärke.
Sollte der Tech-Index aus dieser Range nach unten ausbrechen, wäre das gleichbedeutend mit einem Verlassen des hier grün eingezeichneten Aufwärtstrendkanals. Knapp darunter könnte dann die aktuell bei gut 14.670 Punkten verlaufende 200-Tage-Linie (blau) noch Halt bieten. Die steigt aber auch jeden Tag weiter. Diesen gesamten Unterstützungsbereich sollten Anleger daher auf jeden Fall im Auge behalten und dabei immer daran denken, dass die Abhängigkeit von wenigen großen Aktien bei den Tech-Indizes und den damit direkt verbundenen ETFs schnell auch nach hinten los gehen kann.
Disclaimer: Thomas Koch ist CEFA-Investmentanalyst, Investmentspezialist für strukturierte Produkte (ISSP) und geprüfter Zertifikateberater (EDA). Seit Anfang 2006 beschäftigt er sich als freier Journalist schwerpunktmäßig mit dem Markt für Zertifikate und Hebelprodukte. Zuvor war er über fünf Jahre beim PLATOW Brief als Börsenredakteur tätig. Dort rief er Mitte 2004 den Newsletter „PLATOW Derivate“ ins Leben, für den er auch heute noch hauptverantwortlich tätig ist. Für PLATOW betreut er zudem die wikifolios PLATOW Trend & Sentiment und PLATOW Trend & Sentiment 2.0 sowie das Dachwikifolio PLATOW Best Trader Selection. Daneben schreibt er auch für das Fachmagazin „Der Zertifikateberater“. An dieser Stelle kommentiert er finanzmarktrelevante Nachrichten und Ereignisse und analysiert Aktien, in denen er möglicherweise auch im Rahmen der wikifolios engagiert ist. Der Text spiegelt die Meinung des Autors wider. wikifolio.com übernimmt für dessen Richtigkeit keine Verantwortung.
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